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stammbuch

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stammbuch [2017/01/06 16:53] Robert-Christian Knorrstammbuch [2024/03/13 08:11] (aktuell) – [Aussagen über den Autor] Robert-Christian Knorr
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 === Aussagen über den Autor === === Aussagen über den Autor ===
-Der Autor [[Schiller#Friedrich Schiller]] verlebte seine [[Kindheit]] in kleinbürgerlicher Enge unter dem strengen Regiment seines autoritären Vaters und seiner pietistischen Mutter im Südwesten Deutschlands. Der Vater erhoffte sich Besserung durch den [[Adel]], durch feudal geleitete Veredelung der unteren Volksschichten. Dieses [[Begehren]] muß sich dem jungen Menschen tief eingeprägt haben. Auf [[Befehl]] des Landesherrn ([[Herzog]] Karl Eugen) wurde er Zögling der militärischen Pflanzschule und studierte anfangs [[Jura]], später Medizin. Das Studium wurde von ihm 1780 angeschlossen, ein [[Jahr]] nach den anderen Zöglingen seines Matrikels, denn Karl Eugen hatte dem Eleven ein zusätzliches Jahr verordnet. Ein Auszug aus seinem [[Zeugnis]] könnte einen Grund dieses "Sitzenbleibens" liefern:\\+Der Autor [[Schiller#Friedrich Schiller]] verlebte seine [[Kindheit]] in kleinbürgerlicher Enge unter dem strengen Regiment seines autoritären Vaters und seiner pietistischen Mutter im Südwesten Deutschlands. Der Vater erhoffte sich Besserung durch den [[Adel]], durch feudal geleitete Veredelung der unteren Volksschichten. Dieses [[Begehren]] muß sich dem jungen Menschen tief eingeprägt haben. Auf [[Befehl]] des Landesherrn ([[Herzog]] Karl Eugen) wurde er Zögling der militärischen Pflanzschule und studierte anfangs [[Jura]], später Medizin. Das Studium wurde von ihm 1780 angeschlossen, ein [[Jahr]] nach den anderen Zöglingen seines Matrikels, denn [[Karl Eugen]] hatte dem Eleven ein zusätzliches Jahr verordnet. Ein Auszug aus seinem [[Zeugnis]] könnte einen Grund dieses "Sitzenbleibens" liefern:\\
 "Gaben: mittelmäßig; Aufführung: gleichgültig; [[Fleiß]]: seinen Kräften angemessen." Als Karlsschüler las unser Autor die Werke [[Klopstock#Klopstocks]], [[Lessing#Lessings]], [[Goethe#Goethes]], [[Shakespeare#Shakespeares]] und [[Rousseau#Rousseaus]] und wurde nachhaltig durch seinen [[Lehrer]] [[Abel]] geprägt. Dennoch oder gerade deshalb ließen die schulischen Leistungen immer mehr nach durch häufige Krankheiten, die er weidlich dazu nutzte, seine geliebten Autoren zu lesen.\\ "Gaben: mittelmäßig; Aufführung: gleichgültig; [[Fleiß]]: seinen Kräften angemessen." Als Karlsschüler las unser Autor die Werke [[Klopstock#Klopstocks]], [[Lessing#Lessings]], [[Goethe#Goethes]], [[Shakespeare#Shakespeares]] und [[Rousseau#Rousseaus]] und wurde nachhaltig durch seinen [[Lehrer]] [[Abel]] geprägt. Dennoch oder gerade deshalb ließen die schulischen Leistungen immer mehr nach durch häufige Krankheiten, die er weidlich dazu nutzte, seine geliebten Autoren zu lesen.\\
 Der Initiator dieser Lesefreudigkeit, Abel, ist als Vertreter einer Genielehre bekannt. Er verband diese [[Idee]] mit der staatspolitischen der Republik - zumindest einer [[Tendenz]] dahingehend - und bezeichnete das [[Genie]] als ein Produkt von [[Natur]] und [[Erziehung]] in der erzeugenden Hinsicht und gab dem Genie gleichsam die [[Maxime]] auf, für menschenwürdige Verhältnisse zu kämpfen. Abel bestärkte das [[Naturell]] unseres Eleven in dieser Hinsicht, verstärkte den [[Haß]] auf unmenschliche Verhältnisse und setzte in den jungen Menschen gleichsam die Aufgabe, nach bestem [[Wissen]] und Gewissen Abhilfe zu schaffen.\\ Der Initiator dieser Lesefreudigkeit, Abel, ist als Vertreter einer Genielehre bekannt. Er verband diese [[Idee]] mit der staatspolitischen der Republik - zumindest einer [[Tendenz]] dahingehend - und bezeichnete das [[Genie]] als ein Produkt von [[Natur]] und [[Erziehung]] in der erzeugenden Hinsicht und gab dem Genie gleichsam die [[Maxime]] auf, für menschenwürdige Verhältnisse zu kämpfen. Abel bestärkte das [[Naturell]] unseres Eleven in dieser Hinsicht, verstärkte den [[Haß]] auf unmenschliche Verhältnisse und setzte in den jungen Menschen gleichsam die Aufgabe, nach bestem [[Wissen]] und Gewissen Abhilfe zu schaffen.\\
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 Beim vorliegenden [[Text]] handelt es sich um ein Stammbuchblatteintrag. Er ist also, selbst für einen lyrischen Text, recht kurz. Was können wir von diesem Text erwarten?\\ Beim vorliegenden [[Text]] handelt es sich um ein Stammbuchblatteintrag. Er ist also, selbst für einen lyrischen Text, recht kurz. Was können wir von diesem Text erwarten?\\
-Welche Kontingenzbeziehungen, welches Maß an Geschlossenheit und welche [[Kohärenz]] simultaner [[Bedeutung]]en zum Thema - das wir unschwer als Gelegenheitsgedicht zur Tröstung eines Kranken ausmachen können - sind vom Text zu erwarten bzw. nachweisbar?\\+Welche Kontingenzbeziehungen, welches Maß an Geschlossenheit und welche [[Kohärenz]] simultaner Bedeutungen zum Thema - das wir unschwer als Gelegenheitsgedicht zur Tröstung eines Kranken ausmachen können - sind vom Text zu erwarten bzw. nachweisbar?\\
 Dieses Trostspenden ist im Grunde genommen das Thema des Gedichts. Zwar benutzt der Autor einige sprachliche Umwege, die noch näher zu erläutern sein werden, doch letztlich findet das [[Gedicht]] seinen thematischen Fokus im Spenden von [[Trost]], wahrscheinlich gegenüber einem [[Freund]], der in gesundheitliche Bedrängnis geriet. Wir können das nur mutmaßen, wissen es nicht. Die Geschlossenheit ist somit, zwar durch einige tendenziös kritische Untertöne, die stilistisch gesehen Volksliedcharakter tragen (vier Hebungen, einfaches Reimschema) gestört, aber über diese Untertöne kommt der Autor zum Eigentlichen, zur Trostvermittlung, zurück, weshalb die Geschlossenheit des Gedicht durchaus als gewährleistet bezeichnet werden kann.\\ Dieses Trostspenden ist im Grunde genommen das Thema des Gedichts. Zwar benutzt der Autor einige sprachliche Umwege, die noch näher zu erläutern sein werden, doch letztlich findet das [[Gedicht]] seinen thematischen Fokus im Spenden von [[Trost]], wahrscheinlich gegenüber einem [[Freund]], der in gesundheitliche Bedrängnis geriet. Wir können das nur mutmaßen, wissen es nicht. Die Geschlossenheit ist somit, zwar durch einige tendenziös kritische Untertöne, die stilistisch gesehen Volksliedcharakter tragen (vier Hebungen, einfaches Reimschema) gestört, aber über diese Untertöne kommt der Autor zum Eigentlichen, zur Trostvermittlung, zurück, weshalb die Geschlossenheit des Gedicht durchaus als gewährleistet bezeichnet werden kann.\\
-Es ist das Thema des Gedichts, über den [[Tod]] - der in der [[Form]] seines schwächlicheren Bruders, der [[Krankheit]], auftritt - hinaus [[Hoffnung]] zu geben. Vielleicht spricht sich der Autor als Betroffener aus, weiß, wovon er spricht und auch, wovon er im speziellen Falle [[sprechen]] muß, um dem Kranken [[Zukunft]] aufzuzeigen. Wieso sich dem Autor an den [[Gedanke#Gedanken]] des Krankenbettes das [[Bild]] des Goldes hängt, er sich gleichsam an dieser [[Konnotation]] berauscht und ohne diese Querverbindung sicherlich keine Gelegenheit gefunden hätte, diese Verse zu schreiben, mag in seiner Biographie, die ich bemühte bis zu dem Zeitpunkt der Niederschrift des Gedichts anzuzeigen, liegen. Es scheint dennoch ein klarer [[Geist]] hinter dem Vorhang der düsteren Form hervor. Die Wolken können davongeblasen sein; die [[Erhebung]] zu den lichten Höhn der Hoffnung setzte schon ein; die Verse fließen leicht und ohne Brechung, ohne Brechung, die dem Zuhörenden stolpern machte, denn (3) und (6) bilden formal gesehen einen erheblichen Bruch, der sich schon aus dem Wiederholen der Senkung ergibt. Folgte bis dahin jeder Senkung eine Hebung, so folgen nunmehr zwei Senkungen aufeinander. Ahnt man hier den Hang des späteren Klassikers zum daktylischen [[Jambus]]? Sicher nicht. Der Autor hat zwar in seinen späteren Werken oftmals diesen [[Vers]] gewählt, doch beileibe nicht aus dieser jugendlichen Marotte heraus, denn er schämte sich in späteren Jahren sehr seiner "Jugendsünden".\\ +Es ist das Thema des Gedichts, über den [[Tod]] - der in der [[Form]] seines schwächlicheren Bruders, der [[Krankheit]], auftritt - hinaus [[Hoffnung]] zu geben. Vielleicht spricht sich der Autor als Betroffener aus, weiß, wovon er spricht und auch, wovon er im speziellen Falle [[sprechen]] muß, um dem Kranken [[Zukunft]] aufzuzeigen. Wieso sich dem Autor an den [[Gedanke#Gedanken]] des Krankenbettes das [[Bild]] des Goldes hängt, er sich gleichsam an dieser [[Konnotation]] berauscht und ohne diese Querverbindung sicherlich keine Gelegenheit gefunden hätte, diese Verse zu schreiben, mag in seiner [[Biographie]], die ich bemühte bis zu dem Zeitpunkt der Niederschrift des Gedichts anzuzeigen, liegen. Es scheint dennoch ein klarer [[Geist]] hinter dem Vorhang der düsteren Form hervor. Die Wolken können davongeblasen sein; die [[Erhebung]] zu den lichten Höhn der Hoffnung setzte schon ein; die Verse fließen leicht und ohne Brechung, ohne Brechung, die dem Zuhörenden stolpern machte, denn (3) und (6) bilden formal gesehen einen erheblichen Bruch, der sich schon aus dem Wiederholen der Senkung ergibt. Folgte bis dahin jeder Senkung eine Hebung, so folgen nunmehr zwei Senkungen aufeinander. Ahnt man hier den Hang des späteren [[klassiker|Klassikers]] zum daktylischen [[Jambus]]? Sicher nicht. Der Autor hat zwar in seinen späteren Werken oftmals diesen [[Vers]] gewählt, doch beileibe nicht aus dieser jugendlichen Marotte heraus, denn er schämte sich in späteren Jahren sehr seiner "Jugendsünden".\\ 
-Mit Jürgen Schulte (Einführung in die Literaturinterpretation. Stuttgart (Metzler 217) 1990, S. 138.) können wir von einem kürzeren lyrischen Text ausgehen und eine hohe Komplexität der Bedeutungsrelationen und Kontextbezüge vermuten. Suchen wir sprachliche Signifikanten, so können wir in einer syntagmatisehen Bedeutungsreferenz in verschiedenen Ebenen ein Beispiel nennen: //krank// (l)- //Bette// (2) - //fürstlich gezieret// (3) - //Pracht// (4) - //kläglich// (6) - //seufzet// (8). Schon diese Strukturelemente deuten auf etwas Erzähltes hin, das auf verschiedenen Ebenen spielt und wie folgt gedeutet werden könnte. Das Ausgangswort "krank" zieht in der Denotation das Wort "Bette" nach sich. Damit konnotiert sich "kläglich" und "seufzet", allerdings nicht "Pracht" und "fürstlich". Und eben doch, denn dieses ist gerade das Besondere an diesen Versen, wie wir später [[sehen]] werden. Wichtig ist, daß über die Prämisse "krank" etwas im Folgenden erzählt wird, das schließlich dort endet, wo der Leser den [[Begriff]] "krank" auch manifestiert erwartet, bei "kläglich" und "seufzet" etc. Man könnte strukturell also von einem einschließendem Aufbau sprechen. Die semantischen Relationen liegen vor Augen: //krank// - //Bett// -... - //kläglich Leben// - ... - //seufzet//.+Mit Jürgen Schulte (Einführung in die Literaturinterpretation. Stuttgart (Metzler 217) 1990, S. 138.) können wir von einem kürzeren lyrischen Text ausgehen und eine hohe Komplexität der Bedeutungsrelationen und Kontextbezüge vermuten. Suchen wir sprachliche Signifikanten, so können wir in einer syntagmatischen Bedeutungsreferenz in verschiedenen Ebenen ein Beispiel nennen: //krank// (l)- //Bette// (2) - //fürstlich gezieret// (3) - //Pracht// (4) - //kläglich// (6) - //seufzet// (8). Schon diese Strukturelemente deuten auf etwas Erzähltes hin, das auf verschiedenen Ebenen spielt und wie folgt gedeutet werden könnte. Das Ausgangswort "krank" zieht in der Denotation das Wort "Bette" nach sich. Damit konnotiert sich "kläglich" und "seufzet", allerdings nicht "Pracht" und "fürstlich". Und eben doch, denn dieses ist gerade das Besondere an diesen Versen, wie wir später [[sehen]] werden. Wichtig ist, daß über die Prämisse "krank" etwas im Folgenden erzählt wird, das schließlich dort endet, wo der Leser den [[Begriff]] "krank" auch manifestiert erwartet, bei "kläglich" und "seufzet" etc. Man könnte strukturell also von einem einschließendem Aufbau sprechen. Die semantischen Relationen liegen vor Augen: //krank// - //Bett// -... - //kläglich Leben// - ... - //seufzet//.
  
  
stammbuch.1483718009.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:31 (Externe Bearbeitung)