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gespraechsanalyse [2024/02/29 08:28] – [I. Einleitung] Robert-Christian Knorr | gespraechsanalyse [2024/08/15 05:31] (aktuell) – [2. Empirischer Teil: qualitative Betrachtung einer Drehbuch-Konversation] Robert-Christian Knorr |
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===== 1. Theoretischer Teil: Sprache und soziale „Wirklichkeit“ ===== | ===== 1. Theoretischer Teil: Sprache und soziale „Wirklichkeit“ ===== |
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Hier soll ein spezifisches sprachliches [[Phänomen]] qualitativ untersucht werden, welches meist ein [[konstitutiv]]er Bestandteil von [[Interaktion#Interaktionen]] ist, die sich durch die symbolische [[Konstruktion]] von [[Hierarchie#Hierarchien]] im [[Sinn#Sinne]] einer Herstellung von Machtgefällen charakterisieren lassen. Das sprachliche Phänomen, um das es hierbei gehen soll, ist das der Drohung beziehungsweise Bedrohung. In Folge einer konversationsanalytischen Betrachtung einer ausgewählten [[Szene]] sollen hierbei wesentliche Bedingungen für den [[Erfolg]] einer solchen Konstruktion sozialer Ordnung herausgestellt werden. Hierzu werden zunächst im theoretischen Teil der [[Arbeit]] einige bedeutsame [[Aussage]]n zu symbolischen Interaktionen und deren Potenzial, Wirklichkeit und soziale Ordnung konstruiert, wobei sich auf die Autoren Anselm Strauss und Paul [[Watzlawick]] bezogen werden wird. Im sich anschließenden empirischen Teil soll rückbezüglich auf die soeben getroffenen theoretischen Aussagen ein fiktives Fallbeispiel analysiert und ausgewertet werden.\\ | Hier soll ein spezifisches sprachliches [[Phänomen]] qualitativ untersucht werden, welches meist ein [[konstitutiv]]er Bestandteil von [[Interaktion#Interaktionen]] ist, die sich durch die symbolische [[Konstruktion]] von [[Hierarchie#Hierarchien]] im [[Sinn#Sinne]] einer Herstellung von Machtgefällen charakterisieren lassen. Das sprachliche Phänomen, um das es hierbei gehen soll, ist das der Drohung beziehungsweise Bedrohung. In Folge einer konversationsanalytischen Betrachtung einer ausgewählten [[Szene]] sollen hierbei wesentliche Bedingungen für den [[Erfolg]] einer solchen Konstruktion sozialer Ordnung herausgestellt werden. Hierzu werden zunächst im theoretischen Teil der [[Arbeit]] einige bedeutsame [[Aussage|Aussagen]] zu symbolischen Interaktionen und deren Potenzial, Wirklichkeit und soziale Ordnung konstruiert, wobei sich auf die Autoren Anselm Strauss und Paul [[Watzlawick]] bezogen werden wird. Im sich anschließenden empirischen Teil soll rückbezüglich auf die soeben getroffenen theoretischen Aussagen ein fiktives Fallbeispiel analysiert und ausgewertet werden.\\ |
Nach Anselm Strauss kommt der [[Sprache]] eine entscheidende [[Rolle]] für das menschliche [[Verhalten]] zu, und sie ist keinesfalls nur als eine weitere Verhaltensweise des Menschen zu verstehen. Vielmehr vertrete ich die Ansicht, daß Sprache und [[Sprechen]], ja jedwede [[Kommunikation]], unsere Wirklichkeit zu maßgeblichem Anteil „formt“. So kann der Sprache zum einen die [[Funktion]] der Benennung zukommen. Benennung, die Bezeichnung eines Gegenstandes oder Sachverhaltes, impliziert gleichzeitig, daß man diesen in die wahrgenommene Wirklichkeit einordnen kann und mit ihr inhaltlich, d.h. von Sinnhaftigkeit durchsetzt, zu verknüpfen fähig ist. Somit hat der [[Akt]] der Benennung die Funktion von Einstufung und Klassifikation inne. Mit der Benennung beispielsweise einer [[Situation]] oder auch einer [[Person]] hat man diese als etwas Bestimmtes identifiziert, was gleichzeitig beinhaltet, daß man sie auch kategorisierte. In diesem Sinne wird die [[Welt]] in Klassen eingeteilt, die aus der Abgrenzung der verschiedenen Klassen untereinander gewonnen werden. Und da die Klassen in unterschiedlichster Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden können, ergeben sich [[Möglichkeit]]en der definitorischen Abgrenzung der [[Ding#Dinge]]. \\ | Nach Anselm Strauss kommt der [[Sprache]] eine entscheidende [[Rolle]] für das menschliche [[Verhalten]] zu, und sie ist keinesfalls nur als eine weitere Verhaltensweise des Menschen zu verstehen. Vielmehr vertrete ich die Ansicht, daß Sprache und [[Sprechen]], ja jedwede [[Kommunikation]], unsere Wirklichkeit zu maßgeblichem Anteil „formt“. So kann der Sprache zum einen die [[Funktion]] der Benennung zukommen. Benennung, die Bezeichnung eines Gegenstandes oder Sachverhaltes, impliziert gleichzeitig, daß man diesen in die wahrgenommene Wirklichkeit einordnen kann und mit ihr inhaltlich, d.h. von Sinnhaftigkeit durchsetzt, zu verknüpfen fähig ist. Somit hat der [[Akt]] der Benennung die Funktion von Einstufung und Klassifikation inne. Mit der Benennung beispielsweise einer [[Situation]] oder auch einer [[Person]] hat man diese als etwas Bestimmtes identifiziert, was gleichzeitig beinhaltet, daß man sie auch kategorisierte. In diesem Sinne wird die [[Welt]] in Klassen eingeteilt, die aus der Abgrenzung der verschiedenen Klassen untereinander gewonnen werden. Und da die Klassen in unterschiedlichster Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden können, ergeben sich [[Möglichkeit]]en der definitorischen Abgrenzung der [[Ding#Dinge]]. \\ |
Dementsprechend liegt das Gemisch von Eigenarten, welches ein bestimmter Sachverhalt aufweist, nicht in der „[[Natur]] der Dinge“ per se, sondern eben in der Bedeutung, die man diesem Sachverhalt mit dessen Benennung entgegenbringt. Indem Dinge und Sachverhalte benannt und damit einordnet werden (kulturell symbolisiert), hegt man gewisse Erwartungshaltungen bezüglich der Interaktion mit dem bezeichneten [[Objekt]]. Gewissermaßen läßt sich sagen, daß ein Akt der Benennung bestimmte Handlungsmuster vorgibt, die aus den antizipierten Erwartungen gegenüber dem Objekt herrühren. Erfahrungen können hierbei entscheidenden konstitutiven Einfluß auf die spezifischen Erwartungshaltungen ausüben und somit der Konstruktion von Interaktionen der Individuen einen konkreten Bezugsrahmen gegenüberstellen. Wenn wir beispielsweise die Situation einer Geiselnahme betrachten, wird dies besonders deutlich. Der institutionelle Akteur [[Polizei]] definiert eine andere Person aufgrund deren Verhaltens als Geiselnehmer. Dieser [[Namensgebung]], die gleichzeitig die Situation kategorisiert, folgt seitens der Polizei, die aus institutionellen Gründen mit dieser Situation umzugehen hat, ein Handlungsablauf, der die Erwartungen der Staatsorgane in bezug auf einen Geiselnehmer ganz allgemein widerspiegelt. Diese Erwartungshaltung, d.h. das Handlungsmuster, ist in diesem Beispiel sogar in Form polizeilicher Dienstvorschriften schriftlich festgehalten und rührt her aus [[Erfahrung]]swerten und allgemeinen Annahmen zur Schlichtung derartiger Situationen, die über die Jahre hinweg angesammelt wurden. \\ | Dementsprechend liegt das Gemisch von Eigenarten, welches ein bestimmter Sachverhalt aufweist, nicht in der „[[Natur]] der Dinge“ per se, sondern eben in der Bedeutung, die man diesem Sachverhalt mit dessen Benennung entgegenbringt. Indem Dinge und Sachverhalte benannt und damit einordnet werden (kulturell symbolisiert), hegt man gewisse Erwartungshaltungen bezüglich der Interaktion mit dem bezeichneten [[Objekt]]. Gewissermaßen läßt sich sagen, daß ein Akt der Benennung bestimmte Handlungsmuster vorgibt, die aus den antizipierten Erwartungen gegenüber dem Objekt herrühren. Erfahrungen können hierbei entscheidenden konstitutiven Einfluß auf die spezifischen Erwartungshaltungen ausüben und somit der Konstruktion von Interaktionen der Individuen einen konkreten Bezugsrahmen gegenüberstellen. Wenn wir beispielsweise die Situation einer Geiselnahme betrachten, wird dies besonders deutlich. Der institutionelle Akteur [[Polizei]] definiert eine andere Person aufgrund deren Verhaltens als Geiselnehmer. Dieser [[Namensgebung]], die gleichzeitig die Situation kategorisiert, folgt seitens der Polizei, die aus institutionellen Gründen mit dieser Situation umzugehen hat, ein Handlungsablauf, der die Erwartungen der Staatsorgane in bezug auf einen Geiselnehmer ganz allgemein widerspiegelt. Diese Erwartungshaltung, d.h. das Handlungsmuster, ist in diesem Beispiel sogar in Form polizeilicher Dienstvorschriften schriftlich festgehalten und rührt her aus [[Erfahrung]]swerten und allgemeinen Annahmen zur Schlichtung derartiger Situationen, die über die Jahre hinweg angesammelt wurden. \\ |
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Ein diesen Aspekt der Kommunikation besonders gut illustrierendes Beispiel ist das sprachliche Phänomen der Drohung, welches auch [[Thema]] dieser Arbeit ist. Nach Watzlawick definiert sich die Äußerung einer Drohung in der [[Forderung]] nach einem bestimmten Verhalten mit der Ankündigung bestimmter, meist negativ konnotierter Folgen bei Nichtausführung der eingeforderten Verhaltensweise. Damit eine Drohung als solche überhaupt realisiert werden kann und somit die Option auf potentiellen Erfolg entwickelt, müssen drei Vorraussetzungen erfüllt sein:\\ | Ein diesen Aspekt der Kommunikation besonders gut illustrierendes Beispiel ist das sprachliche Phänomen der Drohung, welches auch [[Thema]] dieser Arbeit ist. Nach Watzlawick definiert sich die Äußerung einer Drohung in der [[Forderung]] nach einem bestimmten Verhalten mit der Ankündigung bestimmter, meist negativ konnotierter Folgen bei Nichtausführung der eingeforderten Verhaltensweise. Damit eine Drohung als solche überhaupt realisiert werden kann und somit die Option auf potentiellen Erfolg entwickelt, müssen drei Vorraussetzungen erfüllt sein:\\ |
- Zunächst muß eine in diesem Sinne erfolgende Handlung den Rezipienten erreichen können, um überhaupt die Option zu haben, sich als Drohgebärde darstellen zu können. | - Zunächst muß eine in diesem Sinne erfolgende [[Handlung]] den Rezipienten erreichen können, um überhaupt die Option zu haben, sich als Drohgebärde darstellen zu können. |
- Des weiteren müssen die in einer Drohhandlung erwähnten Konsequenzen inkooperativer Reaktionen hinlänglich plausibel sein, so daß deren symbolische Zuschreibungskraft im Rezipienten einen dem [[Kontext]] angemessenen [[Horizont]] potentieller Handlungsopportunitäten eröffnet. Einfacher ausgedrückt: Die Drohung muß einen Kontext entspannen, der die Chance birgt, daß sie ernstgenommen werden kann. | - Des weiteren müssen die in einer Drohhandlung erwähnten Konsequenzen inkooperativer Reaktionen hinlänglich plausibel sein, so daß deren symbolische Zuschreibungskraft im Rezipienten einen dem [[Kontext]] angemessenen [[Horizont]] potentieller Handlungsopportunitäten eröffnet. Einfacher ausgedrückt: Die Drohung muß einen Kontext entspannen, der die Chance birgt, daß sie ernstgenommen werden kann. |
- Ein drittes Charakteristikum, das die erfolgintendierte Drohung auszeichnet, ist der Umstand, das der Bedrohte in jedem Falle die Chance haben muß, der in der Drohung zum Ausdruck gelangten [[Handlung]]saufforderung nachkommen zu können. Erst die Erfüllung dieser drei Vorraussetzungen, ermöglichen die symbolische Konstruktion der Sinnzuschreibung, die innerhalb der Drohhandlung transportiert werden soll. | - Ein drittes Charakteristikum, das die erfolgintendierte Drohung auszeichnet, ist der Umstand, das der Bedrohte in jedem Falle die Chance haben muß, der in der Drohung zum Ausdruck gelangten Handlungsaufforderung nachkommen zu können. Erst die Erfüllung dieser drei Vorraussetzungen, ermöglichen die symbolische Konstruktion der Sinnzuschreibung, die innerhalb der Drohhandlung transportiert werden soll. |
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Um noch einmal das Beispiel des Geiselnehmers in der Bank aufzugreifen, so wird hier leicht ersichtlich, daß die Nichterfüllung der drei von Watzlawick herausgestellten Bedingungen die weiteren Abläufe und damit verbunden Realitätskonstruktionen aller Beteiligter tangieren würde, beispielsweise wenn das drohende [[Individuum]] statt einer Waffe eine Banane zur Unterstreichung seiner Drohgebärde verwenden würde.\\ | Um noch einmal das Beispiel des Geiselnehmers in der Bank aufzugreifen, so wird hier leicht ersichtlich, daß die Nichterfüllung der drei von Watzlawick herausgestellten Bedingungen die weiteren Abläufe und damit verbunden Realitätskonstruktionen aller Beteiligter tangieren würde, beispielsweise wenn das drohende [[Individuum]] statt einer Waffe eine Banane zur Unterstreichung seiner Drohgebärde verwenden würde.\\ |
===== 2. Empirischer Teil: qualitative Betrachtung einer Drehbuch-Konversation ===== | ===== 2. Empirischer Teil: qualitative Betrachtung einer Drehbuch-Konversation ===== |
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Ich habe mich im Rahmen der in dieser Arbeit zu erfolgenden empirischen [[Untersuchung]] des spezifischen interaktionalen Phänomens der Drohung für einen Dialog aus einem Drehbuch entschieden. Auf der [[Suche]] nach geeignetem narrativem Untersuchungsmaterial kam mir der Gedanke, daß sich ja gerade die für ein Massenpublikum aufbereitete Karikierung sozialer Wirklichkeit in [[Form]] des Hollywood-Films besonders reichhaltig an auffälligen kommunikativen Mitteln zur Konstruktion sozialer Sachverhalte bedient. Da üblicherweise bei der Produktion von Filmen in Hollywood deren nachherige weltweite Vermarktung angestrebt wird, sind Drehbuchautoren und Dramaturgen aufgrund des materiellen Sachzwangs, dem sie im Rahmen einer erfolgreichen Teilnahme an der Filmindustrie ausgesetzt sind, gezwungen, möglichst interkulturell unabhängige [[Symbol]]iken und daher eine eher allgemeinverständliche Metaphorik in Filmdialogen anzuwenden. Dies vorausgesetzt kann davon ausgegangen werden, daß gerade im kommerziellen Filmsektor höchst pointierte und zum Teil auch drastifizierte Austauschhandlungen zwischen Individuen in scheinbar stereotypen Kontexten konstruiert werden, die gerade aufgrund ihrer [[Intention]], nämlich der Abbildung menschlichen Handelns, wesentliche Merkmale interindividueller Kommunikation aufweisen und diese ebenso verwenden wie im „Alltagsleben“. \\ | Ich habe mich im Rahmen der in dieser Arbeit zu erfolgenden empirischen [[Untersuchung]] des spezifischen interaktionalen Phänomens der Drohung für einen Dialog aus einem Drehbuch entschieden. Auf der [[Suche]] nach geeignetem narrativem Untersuchungsmaterial kam mir der Gedanke, daß sich ja gerade die für ein Massenpublikum aufbereitete Karikierung sozialer Wirklichkeit in [[Form]] des Hollywood-Films besonders reichhaltig an auffälligen kommunikativen Mitteln zur Konstruktion sozialer Sachverhalte bedient. Da üblicherweise bei der Produktion von Filmen in Hollywood deren nachherige weltweite Vermarktung angestrebt wird, sind [[Drehbuch|Drehbuchautoren]] und Dramaturgen aufgrund des materiellen Sachzwangs, dem sie im Rahmen einer erfolgreichen Teilnahme an der Filmindustrie ausgesetzt sind, gezwungen, möglichst interkulturell unabhängige [[Symbol]]iken und daher eine eher allgemeinverständliche Metaphorik in Filmdialogen anzuwenden. Dies vorausgesetzt kann davon ausgegangen werden, daß gerade im kommerziellen Filmsektor höchst pointierte und zum Teil auch drastifizierte Austauschhandlungen zwischen Individuen in scheinbar stereotypen Kontexten konstruiert werden, die gerade aufgrund ihrer [[Intention]], nämlich der Abbildung menschlichen Handelns, wesentliche Merkmale interindividueller Kommunikation aufweisen und diese ebenso verwenden wie im „Alltagsleben“. \\ |
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Eine [[Quelle]] für Drehbücher vor allem US-amerikanischer Filmproduktionen findet sich unter [[http://www.scriptfly.com/screenplays/]], eine andere unter [[http://www.script-o-rama.com/table.shtml ]]. | Eine [[Quelle]] für Drehbücher vor allem US-amerikanischer Filmproduktionen findet sich unter [[http://www.scriptfly.com/screenplays/]], eine andere unter [[http://www.script-o-rama.com/table.shtml ]]. |