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sulzbach

SULZBACH

Ort etwa 50 km östlich von Nürnberg

Sulzbacher Kreis

Was in Sulzbach durch den Sohn des großen Helmont und seinen Freund Knorr von Rosenroth begründet worden war, wurde durch Schleiß in eben der Stadt erneuert und gefestigt, jene eigenartige, systematisch durchgeführte Verquickung von ALCHIMIE, THEOSOPHIE und KABBALA, die der Bewegung, trotz aller katholisierenden Züge, den außerkirchlichen CHILIASMUS, das Pathos einer Gegenreformation jenseits der herkömmlichen Ordnung verlieh. Schleiß stand unter den Reformern des Ordens an erster Stelle. Die zweite Ordensreform begann 1777, sie dürfte durch die Heilerfolge Gaßners in Sulzbach beeinflußt worden sein. Schleiß wurde nun unter dem Ordensnamen Phoebron weithin bekannt, auch in dem vorromantischen Freundeskreis um Johann Georg Forster. Russische Rosenkreuzer übertrugen den Namen seiner berühmtesten Schrift direkt auf ihn selbst, feierten ihn als den „im Lichte strahlenden Bruder des Rosenkreuzes“.
Die Gold- und Rosenkreuzer leisteten die Ordenseide auf den Apostel Johannes, gründeten die „himmlische Stiftshütte“ auf sein Evangelium. Dabei herrschte jener an der Kabbala genährte „prophetische Verstand“, auf den Knorr in seiner „Eigentlichen Erklärung über die Gesichter der Offenbarung Johannis“ hingewiesen hatte. MAGIER konnte nur ein tief in die Kabbala Eingeweihter sein. Im „Compaß der Weisen“ wurde auf Knorrs „Cabala denudata“ hingewiesen. Es hieß, wahre Schüler der hermetischen Weltweisheit sollten hier suchen. In wörtlicher Anspielung auf das bereits zitierte gemeinsame Werk Knorrs und J. B. Helmonts sprach auch Schleiß davon, daß die wahre Geisterlehre, „die wahre Cabala aus dem Alphabet der Natur“ zu entnehmen sei. Das bezog sich ebenfalls auf die „Cabala denudata“. Aus der Kabbala stammten wichtige Lehren des Ordens: Der Baum der „Zehn Sephiroth“, die Zahlenlehre, die Lehre vom „Quaternar“, um derentwillen sich BAADER später von den Dreiheitsspekulationen des deutschen IDEALISMUS energisch unterschied, die Lehre von „Adam Kadmon“, der himmlisch-astrale Urmensch, welche die Problemlage des „androgynen Menschentums“ ergibt, die erwähnte allegorische „prophetische Auslegung“ der Heiligen Schrift, die „Ursprache“ als Quelle eines „romantischen“ Traditionalismus, außerdem besondere Anliegen der Alchimie: die Transmutation von Metallen, das Problem der Urstoffe, mit dem sich MESMER und Baader befaßten, nach ihnen besonders Schelling in seiner „Weltseele“. Im „Naturalphabet“ der Heiligen Sprache war von den „viel älteren Ophir“ gesprochen worden, von dem Laboratorium des erleuchteten Kabbalisten, in dem allein Gold bereitet werden könne; jetzt wurde daraus das eigentliche, den oberen Ordensgraden vorbehaltene Geheimnis des Ordens. Die Ordensnamen Wöllners, des Berliner Ordensdirektors, bestätigen die Zusammenhänge. Er hieß Ophiron und auch Chrysophiron wie der Laborant in Knorr von Rosenroths „Conjugium Pheobi et Pahadis“.
Es soll nicht behauptet werden, Wöllner habe die Namen direkt von Knorr übernommen; das ist schwerlich zu belegen, da diese Namen und ihre Symbolik auch anderwärts in der alchimistisch-rosenkreuzerischen Literatur überliefert sind. Gleichwohl ist die symptomatische Bedeutung Sulzbachs nicht zu verkennen. Der Unterschied zwischen den älteren Rosenkreuzern (und auch den florentinischen, Anm. d. Verf.) und den Gold- und Rosenkreuzern des 18. Jahrhunderts bestand vor allem in der stärkeren Bewertung des alchimistischen Experiments, besonders durch Knorr von Rosenroth. Der Wandel wird deutlich, wenn das „Conjugium Phoebi et Palladis“ mit der „Chymischen Hochzeit“ der älteren Rosenkreuzer verglichen wird. Die älteren Rosenkreuzer verdeutlichen durch ihre Symbolik hauptsächlich seelische Vorgänge, Knorr betonte daneben in seiner barocken Allegorie das alchimistische Experiment. Seit dem 17. Jahrhundert erlangte das Laboratorium zunehmende Bedeutung. So auch im Wandel von den „Rosenkreuzern“ zu den „Gold- und Rosenkreuzern“. (Graßl)

sulzbach.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/26 13:29 von Robert-Christian Knorr