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SYBEL
Heinrich von Sybel
1817-95
HISTORIKER und POLITIKER
- lernte bei RANKE und war immer ein Repräsentant des kleindeutschen Gedankens → suchte in seiner Geschichte des Mittelalters nachzuweisen, daß das großdeutsche Kaisertum eine verfehlte Idee und ein Unglück für Deutschland gewesen sei (Friedell)
- gründete in München 1857 das erste Historische Seminar und 1859 die „Historische Zeitschrift“
- 1875-95 Direktor der preußischen Staatsarchive in Berlin
- Mitglied als nationalliberaler Abgeordneter der Paulskirche 1848, im Erfurter Unionsparlaments 1850 und im preußischen Abgeordnetenhaus 1862 bis 1864 und von 1874 bis 1880, im REICHSTAG des Norddeutschen Bundes 1867
- entschiedener Gegner Bismarcks, dann Aussöhnung
- im KULTURKAMPF 1872-1880/87 entschiedener Gegner des Zentrums
- domestizierte gleichsam den NUTZEN historischer Quellenkritik für den intellektuellen Alltagshaushalt der NATION (Seier)
Reden im Reichstag
- trat für die Annahme des Amendements BENNIGSEN zum § 16 ein, der die Ministerverantwortlichkeit des Bundes beschrieb und von Bismarck abgelehnt wurde, der es damit begründete, daß die Bundesminister einmal als Landesminister der jeweiligen VERFASSUNG unterworfen seien, dann aber gelegentlich auch als Bundesminister, sofern sie dazu ermächtigt werden würden, arbeiteten → Sybel nannte das eine ANARCHIE und sprach sich für die klare Regelung im Amendement aus, die zugleich dazu führen würde, daß der REICHSTAG eine Kontrollfunktion bekäme
- sprach sich aufgrund seiner liberalen WELTANSCHAUUNG gegen die direkte, gleiche und geheime Wahl aus, die im Kontext des PARLAMENTARISMUS immer der Anfang vom Ende gewesen sein soll und bestenfalls eine Mittelstufe zur Erreichung des Ziels, eines auf FREIHEIT und GLEICHHEIT sich gründenden Gemeinwesens: solange aber die Menschen ungleich seien, dürften sie auch nicht gleich behandelt werden
- sprach sich während der Diskussion zum Abschnitt XV (Verhältnis zu den süddeutschen Staaten) für den demnächstigen Zutritt derselben aus und brachte ein Amendement ein, das positiver als die Regierungsvorlage sein sollte
- stellte anheim, daß die Aufnahme eines oder mehrerer süddeutscher Staaten nur mit Billigung der Krone Preußens geschehen dürfe, denn die Politik Preußens habe in den letzten Dezennien nicht überall in Süddeutschland begeisterte Aufnahme gefunden