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TOCQUEVILLE
Charles Alexis Henri Maurice Clerel de Tocqueville
1805-1859
französischer Soziologe
Außenminister der Französischen Republik von 1849, kritischer Demokrat: Begrüßte er das anbrechende demokratische ZEITALTER, oder hielt er es für ein Verhängnis?
- man weiß ihn nicht einzuschätzen, manche nennen ihn einen Vordenker des KOMMUNITARISMUS, andere einen Liberalen → er selbst sah sich als Liberalen
- sagte die russische Vorherrschaft über EUROPA voraus;
- der größte Analytiker der politischen WELT seit ARISTOTELES und MACHIAVELLI (DILTHEY)
Lehre
- These I: Die GLEICHHEIT der Bedingungen, d.i. ein GESETZ der Moderne, zugleich aber ein WERK der göttlichen VORSEHUNG, schafft die exklusive Gesellschaftsform der DEMOKRATIE. Das bedeutet nicht das Ende der GESCHICHTE, vielmehr die dramatische Alternative: FREIHEIT oder Despotie.
- Rechtsgleichheit
- ökonomische Chancengleichheit
- VOLKSSOUVERÄNITÄT
- REPRÄSENTATION
- GEWALTENTEILUNG
- politische Gleichheit der BÜRGER.
- das Janusgesicht des demokratischen Individualismus führt zum Verlust an politischer VERANTWORTUNG des einzelnen Bürgers für das Gemeinwesen
- These II: Es existiert eine geheime KONTINUITÄT im vormodernen STAAT
- These III: die größte Gefahr für die Demokratie: die Gefahr der verwaltungsmäßigen Zentralisation
- These IV: Das CHRISTENTUM, das die Gleichheit aller vor GOTT gebracht hat, wird sich nicht dagegen stemmen, die Gleichheit aller Bürger (nicht des Volkes) vor dem Gesetz verwirklicht zu sehen. Aber leider schließen sich berufene vertreter des Christentums oft den gegnern von Freiheit und Gleichheit an.
Über die Demokratie in Amerika
1835/40
- die Abwesenheit eines einzelnen Despoten in demokratischer TYRANNEI kompensiert den kollektiven wie anonymen DESPOTISMUS nicht
- Despotismus dringt verdummend und unterdrückend in den sozialen Organismus unbemerkt ein → im Falle des Vorschlagens der Egalität
- einzig die Verhinderung der privatkapitalistischen Aneignung macht den Menschen FREI (BLOCH)
- das PRINZIP der GLEICHHEIT setzt sich im 19. Jahrhundert als historisch notwendiges Resultat unaufhaltsam durch, womit eine höchst gefährliche Bedrohung der Freiheit verbunden ist, die nur erhalten werden kann, wenn sie sich dem Gleichheitsprinzip einfügt
- in dem Maße, wie historisch gewachsene Abhängigkeiten verloren gehen, wächst Vereinzelung und SELBSTSUCHT der befreiten Menschen, die zueinander als egoistische Individuen treten → diese Laster begründen Despotismus, nämlich den der Indifferenz zu den Artgenossen, was wiederum zur Staatstugend aufgeblasen wird: die Demokratie ist somit für Despotismus besonders anfällig: Je mehr sich sich die gesellschaftlichen Bedingungen in einem Volke einander angleichen, um so kleiner erscheinen die Individuen und um so größer erscheint der Staat, oder vielmehr: jeder BÜRGER verliert sich - allen anderen gleich geworden - in der Menge, und man erblickt nur noch das gewaltige und großartige Bild des Volkes im ganzen. Daher haben die Menschen demokratischer Zeiten eine sehr hohe Meinung von den Vorrechten des Staates und nur eine sehr bescheidene von den Rechten des einzelnen.
Rezeption
- klärt die Begriffe, die Mittelpunkt des politischen Gesprächs sind: Demokratie, Selbstverwaltung, föderativer Staatsaufbau, GLEICHHEIT, Freiheit, VOLKSSOUVERÄNITÄT
- sieht Entwicklung voraus, die heute omnipräsent ist (von der Heydte)