Inhaltsverzeichnis
GENIE
- handelt in der ERKENNTNIS der Voraussetzungen, deren Maßstäbe es in sich trägt und hat darum immer Erfolg, und nicht bezeichnet umgekehrt die GESCHICHTE das Genie, weil es Erfolg gehabt hat (Beumelburg)
- Unter Genie verstehe ich die geistigen Kräfte, die fähig sind, alle Gegenstände unseres Wissens zu durchdringen und ihre wesentlichsten Unterschiede zu erfassen. (Fielding)
- bedarf dreierlei:
- die gegebene Sachlage überblicken;
- die notwendigen Maßnahmen erkennen und
- im richtigen AUGENBLICK handeln.
- sein WESEN besteht darin, andere vor den Kopf zu stoßen, rücksichtslos seine Mission zu leben und sich gründlich unbeliebt zu machen (Friedell)
- TYP des produktiven bürgerlichen Menschen, der nicht willens ist, sich dem verhaßten ZWANG der feudalistischen HERRSCHAFT zu beugen und alle Versuche protestierend zurückweist, ihn in streng gezogenen Standesschranken zu halten (Geerdts)
- der schaffende GEIST für sich, auch außer und über dem Menschengeiste → bedarf der DEMUT, um zu empfangen (GOETHE)
- Verbindung eines Charakters mit einem Talente (GRILLPARZER)
- führt das allein Gedachte zur WIRKUNG auf das Ganze zurück
- hat die Befriedigung des inneren Dranges zum ZWECK (HUMBOLDT)
- nach §77 der „Kritik der Urteilskraft“ ein ARCHETYPUS intellectus, der ans LEBEN gebunden ist, nicht an die Kunstgeschichte → das Genie handelt völlig reflexionslos und naiv, absichtslos wie eine NATURKRAFT und besitzt eben dadurch die Macht, Regeln zu geben (KANT)
- eine ästhetische MONADE (LEIBNIZ)
- kann man nicht haben, nur sein (Schlegel)
- dem Genie des Künstlers gelingt es, sich vom WILLEN zu befreien und die NATUR rein und objektiv darzustellen (ROSENBERG)
- monstrum per excessum (SCHOPENHAUER)
- Günstling der Natur
- Träger durch schöpferisch und gelehrtem Wissen nicht weiterableitbarer Naturkräfte → Daseinsform mit zugleich kosmischer Komponente (SHAFTESBURY)
- Im 18. Jahrhundert zielte der Geniebegriff auf eine meritokritische Aufwertung des begabten Individuums gegen die Ständegesellschaft. Der „Geistesadel“ beanspruchte, gleichberechtigt neben dem „Geburtsadel“ zu stehen. (Sieferle)
deutsches Genie
- setzt das PROBLEM erkenntnistheoretischen DENKENs zuvörderst → führt zur Konstituierung vieler verschiedener Systeme
- die Aufklärer MOSES MENDELSOHN, SULZER, Meier, BAUMGARTEN wollen das Genie aus dem Gesamtaufbau des Menschen erklären
- LESSING nennt es einen Mikrokosmos, der die WELT gestaltend sichtbar macht
- HAMANN und HERDER deuten später das Genie als eigene und umfassende Totalität
Theorie des Geniebegriffs
- wurde von SCHELLING in der Philosophie der Kunst geleistet, wobei er sich gegen Goethes Auffassung stellte, der das Genie als Steigerung des Talents begriff, wobei es in der Goethezeit DREIZEHN verschiedene Auffassungen des Begriffs gab, den HERDER eigentlich in die SPRACHE brachte
- Trennung zwischen Talent und Genie bei den Romantikern;
- Die Alten sprachen vom Genie weniger, ehrten aber und kultivierten es vielleicht mehr als wir. Die höhere Macht, die einen Menschen zur Hervorbringung seines Werkes belebt, das wir als unnachahmlich, als unerreichbar erkennen, aber mächtig oder sanft auf uns fühlen, diese auszeichnende Himmelsgabe nannten sie Geist (GENIUS). Ein mit uns geborener Geist, daimon, vis animi divinior, von dem sie Kultur, Kunst, Fleiß so wenig ausschlossen, daß sie vielmehr ihn als Vater, STIFTER, Beleber, Schutzgott aller KULTUR und Menschenbelebung anerkannten, priesen, vereherten. (Herder)