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NOVALIS
Kaiser der ROMANTIK/ROMANTIKER
eig. Friedrich von Hardenberg, der sich ein Neuland Rodender und Sämann nannte
geb. 2.5.1772 in Mansfeld (OSTFALEN) - 1801 in Weißenfels/Saale
- früher TOD der Geliebten Sophie von Kühn - schrieb daraufhin die Hymnen an die Nacht;
- lernte SCHILLER 1791 kennen, hielt abwechselnd mit Baron von ADLERSKRON an Schillers Bett Nachtwachen ab, als der mit schwerer Lungenentzündung auf den Tod lag (Beulwitz)
- in seiner DICHTUNG verschwimmt, wie bei TIECK auch, das GEFÜHL, abgelöst vom Anschaulichen, in der STIMMUNG (Fahrner)
- die Schlegels liebten ihn, wie man den liebt, der aus einem fernen, geheimnisvollen Lande kömmt, dessen SPRACHE einen seltsamen, nie vernommenen Akzent besitzt, der im Sprechen Bilder gebraucht, die einer Landschaft von unbekanntem, unerhörtem Reiz entnommen zu sein scheinen (HUCH)
- seine Dichtung fußt auf dem metaphysischen Grunderlebnis einer geheimen HARMONIE von MENSCH, NATUR und GOTT (Mähl)
Lehre
Kerngedanke: das logolistische Fragment 419: Die Welt muß romantisiert werden! → So erst wird der Sinn der Welt wiedergefunden, indem man dem Gemeinen einen hohen Sinn zu geben vermag, indem man dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn zu verschaffen weiß, indem man dem Bekannten die Würde des Unbekannten zeihe und dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe.
- es geht im Leben darum, den geheimnisvollen Weg ins Innere zu gehen/finden;
- der mystische GEDANKE der Wiedergeburt wird zu einem Geschichtsprinzip erhoben → Die VERWANDLUNG meint nicht einen jederzeit erlebbaren AKT, sondern einen zeitbestimmten Vorgang in der HEILSGESCHICHTE. (Benz)
→ die Wiedergeburt ist hier zweifach zu VERSTEHEN:
- als zeitlos-mystischer Akt
- der Mensch ist Kettenglied in einer endlichen GESCHICHTE: alles hat hierin Funktion
- Die Vermischung aller Kunstarten ist Grundsatz, weil die ROMANTIKER sich dem Unendlichkeitsempfinden verbunden fühlen.
- die Deutschheit liegt vor UNS, wobei das VOLK als IDEE unerreichbar bleibt, quasi als platonische Deutschheit (Bertram)
- in jeder Einzelwissenschaft ist der Grundrißm zu einer allumfassenden Wissenschaft zu suchen; jeder gesetzmäßiger Verlauf ist ein Gleichnis für die Harmonie im All (HUCH)
Poesie
- Poesie ist das echt absolut Reelle
- je poetischer, je wahrer - Poesie ist die Basis der Gesellschaft wie Tugend die Basis des Staates
- Der Künstler steht auf dem Menschen wie die Statue auf dem Piedestal
- Das Genie überhaupt ist poetisch. Wo das Genie gewirkt hat, hat es poetisch gewirkt. Der echt moralische Mensch ist Dichter.
Brouillon
- sollte mit dem Zauberstab der ANALOGIE auf andere Gebiete übertragen werden und so den ZUSAMMENHANG in einer WELT des Bezugs sichtbar machen (Dischner)
Die Christenheit oder Europa
- 1826 bzw. 1880 vollständig veröffentlicht
- enthält die wesentlichen Elemente politischen Denkens der Romantiker: die Sehnsucht nach Einheit in einer nach Glauben und Wissen zerrissenen, in politischen Kämpfen aufgespaltenen Welt, für die durch den Dreiklang von Geschichte, Natur und Religion wieder eine Einheit gewonnen werden kann
- mystische Verherrlichung des Mittelalters, zugleich aber korrepondiert damit eine Aufbruchstimmung zu neuen Ufern: In der Religion ist die zufällige FORM des Christentums, der institutionalisierte KATHOLIZISMUS mit dem PAPSTTUM, so gut wie vernichtet, so daß der PROTESTANTISMUS wieder einer neuen, dauerhaften KIRCHE Platz machen kann und in der geisitgen Entwicklung schließlich eine höhere EPOCHE der KULTUR erreicht. In Wissenschaften und Künsten wird man eine gewaltige Gärung gewahr. Unendlich viel GEIST wird entwickelt. Aus neuen, frischen Fundgruben wird gefördert. → das Kontradiktorische der Romantik
- URTEIL über eine soeben zu Ende gegangene REVOLUTION, die die bestehende ORDNUNG nicht nur in FRANKREICH, sondern auch in vielen deutschen Staaten erschütterte
- der ZWECK des Textes ist ein doppelter:
- der üblichen GESCHICHTSSCHREIBUNG wird wird die Haltung des echten Beobachters der Geschichte entgegengesetzt, der ruhig und unbefangen die neuen staatsumwälzenden Zeiten betrachtet
- PROPHEZEIUNG des künftigen Goldenen Zeitalters → die HISTORIE weicht der religiösen Zuversicht auf eine eschatologisch erfaßte Zukunftsutopie
- Novalis verstand die FRANZÖSISCHE REVOLUTION anfangs als positiv mit seinem emanzipatorischen Konzept verbunden, welches auf eine rigorose Befreiung von allen den Menschen einschränkenden Umständen mittels geistiger Kräfte gezielt habe, doch in der Spätzeit der Revolution wandte sich Novalis von der Revolution ab und betrachtete ihren TERROR als Indikatoren und Impulse für die Erzeugung einer neuen, im ZEICHEN der Religiosität stehenden Einheit und HARMONIE der MENSCHHEIT (Duhnke)
Funktion der Religion
- besitzt eine doppelte politische Funktion:
- sie liefert das erforderliche universelle Lebensgefühl, sie spielt die ROLLE des vereinigenden, individualisierenden Prinzips → der Mensch steigt gen Himmel, wenn ihn nichts mehr bindet, die höheren Organe treten von selbst aus der allgemeinen gleichförmigen Mischung und vollständigen Auflösung aller menschlichen Anlagen und Kräfte als der Urkern der irdischen Gestaltung zuerst heraus
Heinrich von Ofterdingen
- die SUCHE und die Vermittlung in der Suche
- schrieb dieses Buch im bewußten GEGENSATZ zu Goethes „Meister“, weshalb das BUCH alle Vorzüge besitzt, die der „Meister“ nicht hat:
- Unendlichkeit der Persönlichkeit seines Protagonisten;
- die seelenwanderische Wandelbarkeit (Somnambulismus);
- die Versöhnung aller Gegensätze (Tod im Leben und Leben im Tod);
- Teilhabe des Lesers am Verborgendsten und Heiligsten → Novalis löst das Wirkliche im Wunder auf, verdichtet aber nicht das Wunder in WIRKLICHKEIT (Huch)
Hymnen an die Nacht
- Verherrlichung von Tod und Vergehen als Übergang zu neuem, wahrem LEBEN
Sais
- wendet sich gegen den von den Aufklärern hervorgebrachten verborgenen GOTT, der den Menschen das FELD der ERKENNTNIS überlassen hat
- thematisiert Ahnungen und Vorurteile
Rezeption
- die Vorzeit wird von der MÖGLICHKEIT aufgezehrt
- die Zeit ist Ferne in ZUKUNFT (BAEUMLER)
- in der unerschütterlichen Sicherheit einer völlig neuen Empfindungswelt hat er nicht seines gleichen gehabt, auch nicht in Nietzsche (Engel)
- SEHNSUCHT der schönen Seele: Die Extravaganz der Subjektivität wird häufig Verrücktheit. (HEGEL)
- das Fragmentarische war sein Wesen (Huch)
- der gefährlichste Nebenbuhler des Idealen ist die SITTLICHKEIT, sie besitzt eine brutale Anziehungskraft für Schwächlinge (NIETZSCHE)
- bewies mir durch seine Art, daß gar nichts Böses in der Welt sei (Schlegel)
- in der utopischen KRAFT seines Denkens liegt eine Bedeutung für uns heute, denn Novalis hat gedankliche Grenzen überschritten, um der dialogischen und republikanischen Vernunft zur Wirklichkeit zu verhelfen (Uerlings)