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mehrheit

MEHRHEIT

- Furchtbar ist des Volkes Mehrheit, wenn sie dreiste Führer hat. (EURIPIDES)
- Versammlung von Dummköpfen und unfähigen Menschen (HITLER) → Entgegnung des SPD-Abgeordneten Breitscheid 1932 im REICHSTAG
- bemißt sich in ROM nach den TRIBUS beziehungsweise Gentilien, nicht nach den Individuen (Nicolet)
Wer sich willenlos der Mehrheit unterordnet, der verzich­tet auf das LEBEN. (NIETZSCHE)
- Privatinteressen zählen juristisch nicht oder werden vielmehr gar nicht angehört; der Gesamtwille der freien Gesellschaftist nur durch die Meinungen der Fähigen und Unbeteiligten zu bilden, was eine Frage der Reife der BÜRGER ist
- im Unterschied zu ROUSSEAU und dessen volonte generale ist die Mehrheit willensbildend, aber nicht ausschließend für die Minderheit: nachdem der Vereingungsvetrag der GESELLSCHAFT einstimmig zustande kam, regiert NICHT der Gesamtwille die Gesellschaft, sondern der Mehrheitswille, wobei die Gesellschaft gar kein anderes MITTEL besitzt, um zum Entschlusse zu kommen, als die Meinungen ihrer Glieder zu erforschen und muß sich dann entscheiden, wo die mehreren gleichstarken Gründe, nämlich rechtlich gleichgewichteten Stimmen sind (ROTTECK)

Essay Mehrheit

„Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn,
VERSTAND ist stets bei wen'gen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
Hat der BETTLER eine FREIHEIT, eine WAHL?
Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
Um Brot und STIEFEL seine Stimm verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht ZÄHLEN;
Der STAAT muß untergehn, früh oder spät,
Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“ (Friedrich Schiller, Demetrius)

In dem von Schiller kurz vor seinem TOD verfaßten Textfragment „Demetrius“ gibt es eine Stelle, an der das obige ZITAT genannt wird, welches die demokratische Regierungsform stark kritisiert.

DEMOKRATIE wird oft als Sammelbegriff für Regierungsformen, deren Herrschaftsgrundlage aus dem Volk abgeleitet wird, benutzt. Allerdings ist es nicht ganz einfach eine präzise DEFINITION für sie zu finden, da sich die verschiedenen Demokratieformen durch vielerlei Dinge unterscheiden. Im herkömmlichen SINN ist sie durch das Vorhandensein einer Verfassung gekennzeichnet, die auf der Verteilung der drei Hauptaufgaben staatlicher Machtausübung (Legislative, Exekutive, Judikative) beruht, die die Grundrechte gewährleistet und das allgemeine, gleiche und freie WAHLRECHT sichert.
Die moderne Demokratie hat zwei Grundformen ausgebildet, welche sich in der Zuordnung der Institutionen von Parlament, REGIERUNG und Staatsoberhaupt unterscheiden. In der parlamentarischen Demokratie geht die Regierung aus dem Parlament hervor und wählt den Regierungschef, der vom Parlament abhängig ist. Als MUTTERLAND gilt hier England.

Die präsidentielle Demokratie ist gekennzeichnet durch eine strikte Trennung von PARLAMENT und Regierung. Durch eine Volkswahl geht der Präsident, der Regierungschef und Staatsoberhaupt in sich vereint, hervor.

Außerdem gibt es noch einige Mischformen, wie zum Beispiel FRANKREICH mit einem semi-präsidentiellen SYSTEM. Des weiteren variiert die moderne Demokratie, was das VERHÄLTNIS von Konkurrenz und Konkordanz betrifft. Während bei ersterem Konfliktregelungen und Entscheidungen wesentlich vom Mehrheitsprinzip und vom Wettbewerb der politischen Parteien geprägt sind, bedeutet Konkordanz, Konflikte über Verhandlungen, KOMPROMIß und PROPORZ zu lösen.

Allgemein soll in der modernen Demokratie der Wille des Volkes von Repräsentanten, die für einen bestimmten Zeitraum vom VOLK gewählt wurden, ausgeführt werden(repräsentative Demokratie).

Der BEGRIFF der Demokratie tauchte erstmals im antiken Griechenland auf. Der GESCHICHTSSCHREIBER HERODOT (484-425 v.Chr.) hielt im fünften Jahrhundert fest, dass KLEISTHENES die demokratia in ATHEN eingeführt habe. Zwar durchlebte die klassische Demokratie hier ihre Blütezeit, doch stieß sie schon damals auf heftige KRITIK, da ihr vor allem die Vertreter der griechischen PHILOSOPHIE mit großer ZURÜCKHALTUNG begegneten, wie Platon und ARISTOTELES. Demokratie wurde von ihnen mit „Pöbelherrschaft“ gleichgestellt, einer HERRSCHAFT der armen, ungebildeten MASSE, und behielt diesen negativen Ruf für viele Jahrhunderte.

Einen großen Einfluß auf die Entwicklung der modernen Demokratie übten außerdem die drei Philosophen John Locke (1632 bis 1704), Charles de Secondat MONTESQUIEU (1689 bis 1755) und Jean-Jacques ROUSSEAU (1712 bis 1778) aus.

Die Staats- und Gesellschaftstheorien des 17. und 18. Jahrhunderts haben, so widersprüchlich sie sind, die demokratischen Bewegungen gefördert und theoretisch fundiert. Thomas Jefferson (1743 bis 1826), später Präsident der USA, formulierte die UNABHÄNGIGKEITSERKLÄRUNG in enger Anlehnung an die Ideen John Lockes. Der GEDANKE, daß es keine Regierung ohne die Billigung der Regierten geben dürfe, wurde zur Grundlage der Verfassung der USA.
Polen gab sich als zweiter Staat mit der Verfassung vom 3. Mai 1791 eine demokratische Staatsordnung und war damit der erste in EUROPA. Diese Prozesse inspirierten die FRANZÖSISCHE REVOLUTION und führten zu einer schrittweisen Demokratisierung anderer europäischer Länder.

Demokratische Strukturen haben sich in vielen Staaten durchgesetzt, ebenso in einigen Kirchen, z. B. in den Schweizer Landeskirchen, jedoch kaum in der WIRTSCHAFT, wo nach wie vor strenge hierarchische Strukturen vorherrschen.

Für einen Großteil der Menschen ist es selbstverständlich, in einer Demokratie zu leben, was nicht verwunderlich ist, denn 2005 gab es nach Angaben der Nicht-Regierungsorganisation Freedom House 122 parlamentarische Demokratien. Das entsprach 64 Prozent aller Staaten weltweit und damit dem höchsten WERT in der GESCHICHTE. Die Demokratie ist die dominierende STAATSFORM in West- und Zentraleuropa sowie in Nord- und Südamerika. In Asien war, mit 23 von 39 Staaten, die Mehrheit der Nationen demokratisch.

Wenn man den prozentualen Anteil der demokratischen Staaten von 1987 mit 40% mit dem von 2005 mit 64% vergleicht, ist leicht zu erkennen, dass der „Trend“ sich in Richtung Demokratie bewegt.

Politische Organisation in einer Demokratie

Die politische MACHT in einer Demokratie wird auf verschiedene, selbstständige Organe aufgeteilt. Die FREIHEIT der Parteibildung, insbesondere die freie Wirksamkeit einer OPPOSITION, sowie eine sich aus vielen Quellen speisende öffentliche Meinung sollen die Inhaber der Macht kontrollieren und die politische Mitgestaltung der Gesellschaft ermöglichen.
Kontrolle und gesellschaftliche Impulse wären allerdings kaum möglich, wenn alle Staatsgewalt sich in einer Hand befände.

Wirkungsvolle Kontrolle und Beeinflussung staatlicher Macht sind nur durch staatliche Macht selbst denkbar. Deswegen sucht ein freiheitliches Gemeinwesen die Aufteilung der staatlichen Macht auf verschiedene, voneinander unabhängige Instanzen, was oft in einer geschriebenen Verfassung festgelegt wurde, damit diese sich gegenseitig überwachen und übergroße Machtzusammenballung vermieden wird.
In diesem Grundgesetz sind die Kompetenzen der einzelnen Staatsorgane aufgezeichnet. Eine solche verfassungsmäßige Verteilung der staatlichen Kompetenzen will nicht nur die gegenseitige Kontrolle der Organe erreichen, sondern auch die Tätigkeit des Staatsapparates übersichtlich und berechenbar machen. Die Aufgliederung der staatlichen Macht soll den BÜRGER vor staatlicher Willkür schützen und ihm zugleich das VERSTÄNDNIS des Regierungsprozesses erleichtern.

Ob dies nun der Fall ist, daß dadurch für den Bürger etwas erleichtert wird, bezweifeln jedoch nicht wenige. Auch wenn sich die verschiedenen Demokratien darin unterscheiden, wie viel Macht welches Organ hat und welche es gibt, so kann man eigentlich von keinem System behaupten, es wäre leicht nachvollziehbar.

Nichtsdestotrotz scheint der VORWURF aus dem zitierten Text aus Demetrius, hier also nicht zuzutreffen, da das Volk zwar Entscheidungen trifft, aber damit nur eine Macht darstellt, die in einem, von Demokratie zu Demokratie unterschiedlichen, Geflecht von unterschiedlichen Instanzen nicht die „Hauptrolle“ spielt. Somit wäre ein demokratischer Staat nicht nur von der fragwürdigen WEISHEIT der Mehrheit abhängig.

Fragt man nach den einzelnen ELEMENTen, aus denen ein demokratisches Gemeinwesen aufgebaut ist, dann stößt man auf den SATZ, daß Demokratie Herrschaft des Volkes sei.

Nichts anderes besagt die Übersetzung des griechischen Wortes „demokratia“. Umgesetzt wird die Herrschaft des Volkes aber in der PRAXIS durch Wahlen, bei denen Repräsentanten gewählt werden. Diese Abstimmungen sollten geheim und nicht von dritter Seite beeinflußt sein.

Neben einigen anderen Punkten wird in dem Textauszug aus Demetrius auch KORRUPTION angesprochen: „Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,um Brot und Stiefel seine Stimm verkaufen.“

Und tatsächlich: Forscht man ein wenig nach, findet man Berichte über verfälschte Wahlergebnisse. Beispielsweise häuften sich bei den Parlamentwahlen auf den Philippinen im Mai 2007 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten. Der Oberste Gerichtshof richtete mehr als 100 Sondertribunale ein, die den Beschwerden nachgehen sollen. In einigen Distrikten sollen die Wahlurnen oder Namen auf den Wählerlisten gefehlt haben. Außerdem sollen Kandidaten GELD für Stimmen geboten und WÄHLER noch vor den Wahllokalen bedroht haben. In der südlichen PROVINZ Maguindanao stahlen Bewaffnete vier Wahlurnen. Schon im Vorfeld der Wahlen waren rund hundert Menschen gewaltsam ums Leben gekommen, die Hälfte von ihnen POLITIKER.

Auch in den USA hält sich das GERÜCHT, daß der amtierende Präsident George W. Bush keine der beiden Wahlen stimmenmäßig gewonnen hat.

Jedoch wird es in den meisten westlichen Demokratien nicht so einfach sein, sich Stimmen zu „kaufen“, wie es im Text beschrieben wird, denn sie lassen sich nicht einfach mit Brot ködern. Allein das Risiko, wenn die PERSON sich nicht bestechen läßt und Beschwerde einreicht, wird für viele Parteien einfach zu hoch sein, denn es wäre „ein gefundenes Fressen“ für die Opposition und die Presse, vor allem wenn man dies mit dem geringen Erfolg vergleicht.
Spendenaffären scheinen sich hingegen mehr zu rentieren, denn sie häufen sich, und stellen seit jeher ein ernstzunehmendes PROBLEM der Demokratie dar.
Auch Thomas Jefferson, dritter Präsident der Vereinigten Staaten, äußerte sich bereits zum ZUSAMMENHANG von Korruption und Demokratie, als er formulierte: „Die Zeit, sich vor Korruption und TYRANNEI zu bewahren, ist die Zeit, in der sie noch nicht von UNS Besitz ergriffen hat.“

  • Mehr Macht für das Volk?

In dem besagten Ausschnitt aus Demetrius wird die VOLKSABSTIMMUNG auf verschiedene Weise kritisiert. Zunächst bemängelt der dies im polnischen REICHSTAG sagende polnische Adlige Sapieha, wie man jedem die gleiche Wahlfreiheit einräumen könne, ungeachtet der TATSACHE, daß Menschen gewöhnlich nicht zuerst an das Gemeinwohl denken, sondern, wie der Bettler, an das eigene. Dieser Punkt ist bis heute umstritten.
Die eine Seite ist der MEINUNG, wie in Demetrius, das Volk wäre nicht in der Lage, weitgehende Entscheidungen zu treffen, weil die einzelnen Bürger nur von ihren persönlichen Interessen gelenkt würden.
Auf der anderen Seite gibt es noch die Meinung die beispielsweise Theodore ROOSEVELT vertritt, dass „die Mehrheit des einfachen Volkes tagein tagaus weniger FEHLER machen wird, wenn sie sich regiert, als jede kleinere GRUPPE von Männern, die versucht das Volk zu regieren“.

Es sind auch nicht wenige der Ansicht, dem Volk sollen mehr Möglichkeiten gegeben werden seinen WILLEn auszudrücken, als nur durch gelegentliche Abstimmungen darüber, welche Regierung es vorzieht.
In der SCHWEIZ beispielsweise, wird das Volk vergleichsweise stark in das politische GESCHEHEN eingebunden, denn sie haben seit etwa 120 Jahren eine direkte Demokratie. Volksentscheide sind hier ein fester Bestandteil des bürgerlichen Lebens, obgleich das Verfahren langsam ist. Dies bedeutet nicht, daß dieses System „reformunfreundlich“ sei. Kaum ein LAND hat so umfassend und unter Beteiligung breiter Volksschichten über die Reform seiner ARMEE und über die Regulierung der GENTECHNIK diskutiert wie die Schweiz.

Dies wünschen sich auch immer mehr Menschen in Deutschland. Zu den virtuellen Politgemeinschaften im Internet zählt eine Gruppe junger WISSENSCHAFTLER, die an einem Manifest für Reformen schreiben.
Christopher Gohl und Daniel Dettling, die zwei zentralen Gestalten dieses Netzes, das sich „BerlinPolis“ nennt, loben die direkte Demokratie: „Sie ist nicht nur eine Frage des Policy-Outputs, sondern bereits eine Frage der politischen Architektur. Vom Parteienstaat zu einer Bürgerdemokratie zu kommen ist die erste Generationenaufgabe des 21. Jahrhunderts.“

Doch beim Thema der direkten Demokratie gibt es auch eine große Schar von Kritikern, wie Demetrius selbst, der den Staat dem UNTERGANG GEWEIHT sieht, sofern das Volk mittels Mehrheitsentscheid zu mächtig wird, da er die verbreitete Auffassung vertritt, daß die meisten Menschen dumm sind, die Mehrheit also dumme Entscheidungen trifft.

Doch die Unterstellung, die Bürger wären mit dieser komplexen MATERIE überfordert, trifft nach allen ERFAHRUNGen nicht zu. Die umfassendsten Studien zu diesem Thema stellt seit vielen Jahren das Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich zusammen. Die Politökonomen kommen anhand von Daten aus den USA und aus der Schweiz zu dem SCHLUß: Je mehr die Bürger über Einnahmen und Ausgaben des Staates bestimmen können, desto geringer sind Steuersätze und Haushaltsschulden, desto besser ist die Steuermoral, desto günstiger sind die Wirtschaftsdaten und desto höher ist die Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen.

Elmer Schattenschneider, PROFESSOR für Politikwissenschaften an der Wesleyan University in Maine, drückte sich dazu wie folgt aus: „Die Macht des Volkes in einer Demokratie hängt von der Bedeutung der Entscheidungen ab, die von der Wählerschaft getroffen werden, und nicht von der Anzahl der Entscheidungen.“

Betrachtet man weniger entwickelte Demokratien kommen aber noch andere Dinge hinzu. Auch wenn in vielen westlichen Demokratien eine halbwegs gute BILDUNG, Internet und andere freie Medien gegeben sind, trifft dies nicht auf jeden Staat zu der sich Demokratie nennt.

„Angenommen es werden freie und gleiche Wahlen abgehalten“, so US-Diplomat Richard Holbrooke über das Jugoslawien der neunziger Jahre, „und die Sieger sind Rassisten, Faschisten und Separatisten. Genau das ist das DILEMMA.“

Über ihren historischen Zusammenhang hinaus trifft diese Aussage auf viele Demokratien der heutigen Zeit zu, beispielsweise islamische Länder, da hier das Mehrheitsprinzip geradewegs in den Gottesstaat mündet.

Somit läßt sich schlußfolgern, daß als Grundlage für eine annähernd funktionierende Demokratie ein gewisses Maß an Wohlstand vorhanden sein sollte, ebenso wie gesicherte Rechte, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben sich POLITISCH zu bilden mittels Internet, Zeitung, Fernsehen und anderen Medien. Erst dann sollte die Möglichkeit zur Debatte stehen, aus einer repräsentativen Demokratie eine direkte zu machen oder zumindest Elemente von ihr, wie es in manchen Staaten der USA der Fall ist.

Mag sich die Demokratie zu der heute dominierenden Herrschaftsform entwickelt haben, so ist es dennoch offensichtlich, daß sie immer noch mit großen Problemen und Kritik zu kämpfen hat. Eines der bedeutendsten ARGUMENTe in der modernen Demokratiediskussion ist der Einwand, Demokratie sei nicht effizient, sondern leistungshemmend.

Der PROZEß demokratischer Beratung und Entscheidung braucht Zeit. Einerseits wollen die vielen unterschiedlichen MEINUNGen und Interessen der Einzelpersonen und Verbände gehört und möglichst auch berücksichtigt werden. Andererseits ist der formale Entscheidungsprozess in einer föderal organisierten, gewaltenteiligen Demokratie so komplex, daß schnelle Entscheidungen eher die Ausnahme sind.

Bei diesem Problem ist der Unterschied zwischen Konkurrenzdemokratie und Konkordanzdemokratie bedeutsam. Erstere, die auf klaren Alternativen zwischen politischen Parteien und auf Mehrheitswahlrecht basiert, hat weniger mit dem Effizienzproblem zu kämpfen. Je mehr Menschen und ORGANISATIONen zur Teilnahme an der Entscheidungsfindung berechtigt sind und je stärker die zu berücksichtigenden Interessen auseinander gehen, umso ineffizienter wird der Prozeß, da der dazu nötige Aufwand beziehungsweise die anfallenden Kosten steigen. Der Entscheidungsfindungsprozeß kann zu einem langwierigen und ermüdenden Unternehmen, ja er kann in Folge verhärteter Fronten gar vorübergehend oder endgültig blockiert werden.
Daraus könnte nun folgende These resultieren: Je mehr ein demokratisches System auf Konsensentscheidungen aufbaut und je direkter es ist, umso größer ist seine Ineffizienz.
Da aber Konsensbereitschaft und möglichst breite direkte Partizipation an Entscheidungsprozessen als mit der Idee der Demokratie untrennbar verbundene Elemente aufgefaßt werden, so scheint eine Effizienzsteigerung deshalb unweigerlich zum Abbau der demokratischen Qualität eines Systems zu führen. Ein Maximum an Effizienz scheint deshalb mit der diktatorischen Ein-Mann-Entscheidung erreichbar, denn Interessenskonflikte fallen hier nicht ins Gewicht, weil sie erst gar nicht in den Entscheidungsprozeß einbezogen werden. Die Entscheidungskosten gehen dabei gegen null.

Ein anderes Problem, welches sich aus der PARTIZIPATION des Volkes an der politischen Entscheidungsfindung ergibt, ist jenes der Überforderung. In Konkurrenz um die demokratische Macht überbieten sich Parteien bei Wahlen zuweilen gegenseitig mit Versprechungen, um die Stimmen der Wählerschaft zu gewinnen. Doch gelingt es den Wahlsiegern, einmal im Amt, kaum noch, alle Versprechungen einzulösen, wenn die REALITÄT sie „einholt“.

Die Folge dessen ist ein VERLUST an VERTRAUEN in die REGIERUNG von Seiten der Bevölkerung und auch Verwirrtheit, da sich die Parteien in ihren Wahlversprechungen teils stark gleichen. Gleichzeitig meiden es die meisten Politiker, die Erwartungen der Stimmbürger zu enttäuschen und die Versprechungen zu korrigieren, weil sie den Machtverlust bei nachfolgenden Wahlen fürchten. Dadurch steht die Demokratie immer in der Gefahr, sich selbst zu überfordern, die Bürger zu enttäuschen und deshalb Vertrauen und Zustimmung zu verlieren.

Bei der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten der Demokratie konnten meistens keine klaren Ergebnisse formuliert werden. Immer wieder gelangte ich zu Widersprüchlichkeiten und scheinbar unlösbaren Problemen.

Schon die Definition dieser Herrschaftsform ist keine leichte Aufgabe, denn wie kein anderer Begriff muss Demokratie herhalten, für unzählige Varianten der Regierung, welche ihren gemeinsamen Nenner oft nur in einer gewissen Beteiligung des Volkes und einer oft komplexen Machtverteilung mit gegenseitiger Kontrolle haben.

Die UNTERSUCHUNG der geschichtlichen Entwicklung wurde schnell deutlich, daß Demokratie keine ERFINDUNG der Neuzeit ist, obschon sie heute als Allheilmittel für alles gehandelt wird, sondern es gab sie schon im alten Griechenland. Zwar gab es auch andere demokratieähnliche Staaten, aber Athen wird als erste Verwirklichung der Demokratie in der Geschichte gehandelt. Auch dort war sie heftiger Kritik ausgesetzt und wurde, nachdem sie für längere Zeit mehr oder weniger in Vergessenheit geriet, erst wieder in der Neuzeit populär. In den verschiedensten Formen hat sie sich heute in den meisten Ländern durchgesetzt.

Im Hauptteil beschäftigte ich mich mit der Machtaufteilung, besonders im Bezug auf die ROLLE des Bürgers. Wie schon erwähnt, ist es kennzeichnend für diese Staatsform, ein System zu entwickeln, in dem die politische Macht auf verschiedene Zweige aufgeteilt ist. Einer dieser Zweige ist das Volk. Die Ausprägung seines Einflusses schwankt von Staats zu Staat, aber ein Minimum ist die Wahl der Repräsentanten.

Der Demetriustext spricht schon viele Kritikpunkte dieses Vorgangs an. Korruption erwies sich, bezogen auf die Wahl an sich, als eher selten, weil weniger effektiv. Eine ganze Gruppe von Wählern zu bestechen ist wesentlich riskanter und auch aufwändiger, als sogenannte Spendenaffären und dergleichen.

Ein großer Punkt bei diesem THEMA ist außerdem die Fähigkeit der Bürger Entscheidungen zu treffen. Das Argument, Menschen wären nicht in der Lage objektiv zu URTEILEN und nicht nach den eigenen Interessen zu STREBEN, konnte mit den Forschungsergebnissen der UNIVERSITÄT Zürich entkräftet werden. Demnach seien die Leute sehr wohl in der Lage größere politische VERANTWORTUNG zu übernehmen und würden den Staat damit POSITIV beeinflussen. Unabhängige Informationsquellen (Internet, Zeitung; FERNSEHEN) und eine gute Allgemeinbildung bilden dafür allerdings die VORAUSSETZUNG.

Wenn man beurteilen möchte, ob Demokratie die beste Herrschaftsform ist, wird oft ein Zitat wiedergegeben, welches Winston CHURCHILL nachgesagt wird: „Democracy is the worst form of government – except for all those other forms, that have been tried from time to time.“ (Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen FORMen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.)
Sie ist längst nicht perfekt, aber ich denke, wir haben in unserem Staat wenigstens etwas solides, denn Demokratien führen gewöhnlich keinen Krieg gegeneinander, Menschengesetze werden gepflegt und staatliche WILLKÜR wird weitgehend vermieden.

mehrheit.txt · Zuletzt geändert: 2023/11/06 20:07 von Robert-Christian Knorr