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anaxagoras

ANAXAGORAS

500-428 v.Chr.
- brachte die PHILOSOPHIE aus Klazomenä zwischen Chios und SAMOS in Ostgriechenland nach ATHEN
- FREUND des PERIKLES
- veröffentlichte 467 v.Chr. nach Meteoritenfall ein BUCH mit Diagrammen
- wurde bereits zu Lebzeiten des Perikles der Gotteslästerung angeklagt, 438 v.Chr., und für schuldig befunden (Geldstrafe und Ausweisung), genoß aber offenbar den Schutz seines Freundes und blieb in Athen
- floh nach dem Tode des Perikles und der darauf folgenden Verfolgung durch dessen Gegner aufgrund von Gotteslästerungsvorwürfen (man dehnte die juristisch sträfliche Gotteslästerung auf philosophische Gesinnungsdelikte aus) 431 v.Chr. nach Lampsakos, 50 km nördlich von TROJA, wo er im Kreise seiner Schüler mit den Worten starb: zur Unterwelt ist es von überall gleich weit hin
- nach seinem Tode richtete der Ort seines Todes, Lampsakos, einen Monat als Ferienmonat für die Schüler ein, eben den, in dem er gestorben war

Lehre

- Anaxagoras beschäftigte das Stoffproblem
- alles zusammen um nichts weniger ist noch mehr - denn unmöglich kann mehr als alles sein - alles ist stets gleich

Erkenntnistheorie

- anfangs war das CHAOS, doch alles war Eines, zusammen (eine gleichmäßige Mischung, eine Urmasse) und ungeteilt
- Es bedurfte der mechanischen Teilung (Beil), vielleicht durch ein rotierendes Weltall, beginnend am nördlichen Himmelspol, angestoßen vom Nus.
- der Geist hat Priorität, er steht über allem, die anderen Dinge haben Anteile untereinander und vermischen sich gegenseitig
- kein Ding entsteht oder vergeht → setzte den Samen als unvergängliches Masseteilchen: Spermata sind jene qualitativ bestimmte Teilchen (verschieden von den demokritischen Atomen, die primär quantitativ bestimmt sind), denen es in qualitativer wie quantitativer Hinsicht unendlich viele gebe und aus denen die Dinge zusammengesetzt sind. Die Spermata sind unendlich teilbar (anders als bei den Demokritischen Atomen): Denn von dem Kleinen gibt es kein Allerkleinstes, sondern immer noch ein kleineres. Denn es ist unmöglich, daß das Seiende durch Teilung bis ins Unendliche aufhört zu sein.
- durch eine immer mehr um sich greifende Sonderung entstand die Welt mit ihren zahllosen Dingen, LEBEWESEN etc.
- da die Sonderung nicht vollständig ist, existiert immer noch alle Samen in den Dingen, deren CHARAKTER lediglich durch das Übergewicht einer bestimmten Samenart gekennzeichnet ist; den Anstoß gab der Nus, der jedoch vermischt sich mit keinem Ding und steht so einzigartig da; er ist etwas wesenhaft Verschiedenes und somit nur für sich
- wegen dieser Eigenschaft ist der Geist selbstherrlich, selbständig, nur für sich
- Anaxagoras' VERNUNFTBEGRIFF ist durch DETERMINISMUS (gegenseitige physikalische Bedingtheit aller Prozesse durch die Spermata) geprägt, im GEGENSATZ zu Platon, der rein TELEOLOGISCH die Welt erklärte.
- betont die Verläßlichkeit der Sinne, als ob er die ELEATEN nie gelesen hätte, aber es ist unmöglich, ein Allerkleinstes zu entdecken; jedes DING ist groß wie klein
- schränkt die MACHT der Sinne ein, indem er sie der SCHWÄCHE zeiht, der engen Grenzen ihrer EMPFÄNGLICHKEIT → aber der VERSTAND ist das PRINZIP zur Wahrheitsfindung
- Erscheinungen sind Sicht des Nichtoffenbaren
- wurde entscheidend durch EMPEDOKLES bestimmt und trat wiederum als LEHRER Perikles' und EURIPIDES' auf
- Im GEGENSATZ zu Empedokles mit seiner Vier-Elemente-LEHRE nimmt Anaxagoras unendlich viele, qualitativ voneinander verschiedene Urstoffe an. Alle Dinge entstehen und vergehen durch Mischung und Trennung der jeweils gleichartigen Teilchen.
- Neben der menschlichen VERNUNFT, die die Objekte erkennt, nahm Anaxagoras eine alles beherrschende, den KOSMOS ordnende Vernunft, NUS (Zeus ist der personifizierte Nous, Geist bzw. Intelligenz), an, die einfach und unvermischt sei. Diese leite mit einer Wirbelbewegung aus den ursprünglich vollkommen miteinander vermischten Urstoffen die Weltentwicklung ein. → stellte somit die MATERIE dem Geist gegenüber
- bemerkenswert ist, daß Anaxagoras als erster nicht nur diesen DUALISMUS völlig durchgeführt und nicht nur die Urstoffe und das Bewegende als besondere WESEN hingestellt hat, sondern auch das Bewegende als Vernunft bezeichnete
- führte auch den Gedanken des Verstandes ein und erklärte das Denken als nur vom Ich inhaltlich erkennbar → dies geschähe durch BEWEGUNG
- der GEDANKE SELBST, alles in sich fassend, ist die SUBSTANZ, die wahrnimmt und die SUBJEKTIVITÄT erwachsen läßt
- Da aber Anaxagoras mit HERAKLIT besonders betont, daß die WELT ein geordnetes Ganzes sei und alle Dinge sich darum in einer zweckmäßigen ORDNUNG zeigen, so findet er den Grund für die Bewegung der Samen in einem besonderen Vernunftwesen, wodurch er dann allerdings von Heraklit abrückte.
- betont die METHODE der Zusammensetzungen der Dinge sei ein mechanischer PROZEß gewesen, kein chemischer: Der Gedanke ist das an und für sich seiende ALLGEMEINe, der reine Gedanke ist das WAHRE. (Bisher hatten wir Gedanken, nunmehr taucht zum ersten Mal die BEZEICHNUNG Gedanke auf.) Erkenntnistheoretisch gesehen ist er der erste Vertreter, der Gegensätzliches nur durch Gegensätzliches wahrnehmen lassen will. Wahrnehmung ist ihm erste und notwendige, längst aber nicht hinreichende Bedingung für ERKENNTNIS. Wahrnehmung bleibt immer PASSIVUM, leidend, da sie durch das Einwirken der Dinge auf unsere Sinnesorgane hervorgerufen wird.
- die Dinge besitzen nach ihm wirklich nur die Eigenschaften, die unsere Sinne an ihnen wahrnehmen wollen → bereitet die Sophisten vor, die Besinnung auf das eigene Ego

Reales

  • das Heiße und Kalte
  • das Trockene und das Nasse
  • das Helle und das Dunkle
  • das Feine und das Dichte
  • Äther, Luft und Erde
  • Fleisch und Haar
  • das Süße und das Salzige

- die Mischung macht's, aber es entsteht nichts Neues, nur aus dem Realen entsteht es und da hinein vergeht es wieder (Erhaltungssatz) → ein unendlich oft sich wiederholendes Mischungsverhältnis, infinitesimal, aber kein unendlich Kleines, in dem jeweils eine kleine Welt im Ganzen abgebildet werden kann

Ethik

- Schau und daraus entspringende Freiheit
- alles, was Seele hat, beherrscht der Geist
- die SCHEIDUNG vom Leibe ist auch eine von der SEELE; das Besondere - TOD, Geist, das Allgemeine - aber bleibt

Essensvorschriften

- da alles in allem ist, gibt es keine Regeln wie bei den Pythagoräern

Logik

- löste das PARADOXON Zenons, indem er die unendliche Teilbarkeit von RAUM und ZEIT gegenüber der REALITÄT dahingehend beschrieb, als daß das Unendliche selber ja eine fixierte Größe sei: wir können nicht alle Elemente einer unendlichen Menge durchzählen, aber es sind genauso viele, wie sie eben sind

Rezeption

- vielleicht kommt man bei der Bewertung Anaxagoras' am weitesten, wenn man seine Lehre als eine Verquickung mechanisch-materialistischer IDEEN und dem teleologischen Prinzip der Vernunft bezeichnet → Anaxagoras ist ein PHILOSOPH des Übergangs von der naturphilosophischen zur geistesphilosophischen Grundbetrachtung
- gebraucht den Geist zur Weltbildung nur als deus ex machina, und wenn er nicht weiß, aus welchem Grunde etwas NOTWENDIG so ist wie es ist, dann zerrt er ihn herbei; im übrigen aber erklärt er alles andere eher für die URSACHE des Weltgeschehens als den Geist (ARISTOTELES)
- war der erste, der die GRIECHEN zwischen dem, was den Sinnen erscheint und dem, was der Sinneswahrnehmung nicht unmittelbar zugänglich ist, zu unterscheiden lehrte und zugleich der Begründer aller exakten WISSENSCHAFT des Stoffes und aller echten Philosophie des Geistes (CHAMBERLAIN)
- Anti-Materialist und bewußter Dualist

  • materieller Untergrund des Seins
  • der von 1. unterschiedene Geist, planvoll ordnend (ROHDE)
anaxagoras.txt · Zuletzt geändert: 2023/09/10 08:22 von Robert-Christian Knorr