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WOLFF

Christian Wolff

1679-1754
Philosoph, Popolarphilosoph
- lenkte das INTERESSE der Menschen auf allgemeine BILDUNG, nicht auf die PHILOSOPHIE
- der Schöpfer der philosophischen SPRACHE der Deutschen → allerdings ist er kein ARISTOTELES, denn seine systematische Philosophie ist eine bloße Klugheitslehre, die den pragmatischen Aspekt in geradezu unseliger Weise betont → er übertrug den UTILITARISMUS der Briten auf die METAPHYSIK und blieb bei einer naiven Zweckbetrachtung stehen (WUNDT)
- entwickelte eine strenge Systematik, die nur im ZUSAMMENHANG gesehen werden kann
- seine Lehrer waren CLAVIUS, Sturm und Hamberger, TSCHIRNHAUSEN, LEIBNIZ
- lernte aus Tschirnhausens Medicina mentis sive artis inveniendi praecepta generalia (1. Auflage 1687, 2. Auflage 1695, die heute zumeist zitierte), d.i. ein philosophischer Text zur Erkenntnislehre, die DESCARTES und SPINOZA folgt und so das moderne westeuropäische Philosophieren nach DEUTSCHLAND bringt → Wolff schien aber zu fürchten, allzusehr in die Nähe Spinozas gerückt zu werden und drückte sich deshalb oft zweideutig und dunkel aus
- die Philosophie ist ihm jedoch der GRUND allen Wissensdurstes → dringt ahnend in Untiefen vor, die bei den pietistischen Zeitgenossen so manches Ungemach auslösten
- Lehrer Gottscheds

Erkenntnistheorie

- nahm die Leibnizsche Monadenlehre auf, sie ist ihm die innere Beseeltheit der Körperwelt
- die Erklärung aller Dinge, ihre rationale Überprüfung führt zur WEISHEIT und ERKENNTNIS Gottes → dieser GOTTESBEGRIFF konnte nur auf Ablehnung stoßen
- alle Geschehnisse der Welt sind gesetzmäßig; sie finden nach den Gesetzen der Uhr statt
- nennt seine Erkenntnistheorie Metaphysik und teilt sie ein in ONTOLOGIE [handelt von den Grundbegriffen alles Seins und Denkens, d.s. die Kategorien → möglich ist, was keinen Widerspruch enthält; notwendig das, dessen Gegenteil sich widerspricht; ZUFÄLLIG, dessen Gegenteil ebenso möglich ist; dazu RAUM - ORDNUNG der Dinge, die zugleich sind (und Zeit) die Ordnung aufeinanderfolgender Dinge], KOSMOLOGIE (handelt vom Weltganzen der in Raum und Zeit verknüpften Dinge, zu denen Gott als Zeitloses nicht gehört; die Körper halten den Energiesatz von der Erhaltung der Energie im Raum, denn es kommt keine Ingredienz hinzu oder fällt weg), Psychologie (behandelt die Seele als einfache SUBSTANZ, wobei es Seelen ohne Körper gibt, d.s. die Geister; prästabilierte Harmonie) und THEOLOGIE (behandelt die Eigenschaften Gottes, wobei das BÖSE aus der natürlichen Beschränktheit der endlichen Dinge entstand und entsteht und von Gott als Mittel zum Guten zugelassen sind)

Methodik

- die verwendeten Begriffe werden als termini technici bezeichnet, definiert und bilden den Grund zu aller übrigen Erkenntnis, die selbst Urteilsfindung ist → d.i. das Wolffsche Prinzip

Ästhetik

- es existiert ein oberes und ein unteres Erkenntnisvermögen
- das sensitive, untere interessiert ihn nicht
- beschäftigt sich ausschließlich mit dem oberen, sprich intelligenten Erkenntnisvermögen
- Begründer der Traditionslinie des logica disputatis, der Zweiteilung der Erkenntnis in Analytik und DIALEKTIK, wobei das erste der LOGIK der Wahrheit und das zweite der Logik des Scheins entspricht

Ethik

- Verderber der RELIGION und Sitten (Franke)
- trennt Körper und GEIST streng, im Gegenteil zu Leibniz fällt er somit in den alten toten Parallelismus zurück
- Wissen geht in die Moralität hinein → HANDELN entspringt aus Lust und Unlust, also muß die Sitte Lust erzeugen
- die größte Lust ist die Vervollkommnung: Tu das, was dich vollkommener macht!
- Vollkommenheit ist nur in der GEMEINSCHAFT zu erreichen, der daraus entstehende STAAT fußt auf einem Vertrag zwischen Regierten und Regierenden und insoweit bindend, als er nicht der Natur zuwiderläuft
- in der Sittenlehre der Chinesen erblickte Wolff so manche Gemeinsamkeit mit der Sittenlehre des christlichen Europas und kam so zu der Überzeugung, daß Sitte nicht an die Konvention gebunden ist, sondern die Konvention an die SITTE, die wiederum ein GESETZ in uns sei
- in diesem Zusammenhang entwickelt er den Pflichtbegriff, der für den Teilbereich Ethik, nicht im Gesamtsystem der Moralphilosophie wie bei Kant entscheidend wird
- er unterteilt die MORALPHILOSOPHIE in drei Bereiche:

  • Ethik
  • Naturrecht
  • Klugheitslehre

- Naturrecht und Klugheitslehre sind Bestandteile der politischen Philosophie, das NATURRECHT als sehr neuer, die Klugheitslehre als sehr alter, aristotelischer Bestandteil

Politik

- die DEMOKRATIE ist die geeignetste Regierungsform für polite Völker, d. s. Völker, die sich um Verstand und TUGEND bemühen → er gesteht das RECHT der Verweigerung des Gehorsams zu und bezeichnet die natürliche FREIHEIT als die Richtschnur des gemeinsamen Wesens

Rezeption

- gab FORM des Vorwärtsgehens in einem HAMANN eigentlich fremden SYSTEM
- der Lehrer der Deutschen (HEGEL)
- größter dogmatischer Philosoph; in der Ausführung des Planes unübertroffen, d.h., er setzte die Beispiele und begründete die Gründlichkeit der Deutschen (Kant)

Oskar Ludwig Bernhard Wolff

um 1830
Germanist
- wurde durch GOETHE 1830 zum ordentlichen Professor für deutsche LITERATUR in Jena gemacht
- hielt regelmäßig Vorlesungen zur neueren deutschen Literatur

Pius Alexander Wolff

1784-1828
Dramatiker
- schrieb ein Versdrama namens Einsam bin ich nicht alleine, das Carl Maria von Weber 1821 vertonte

Theodor Wolff

1868-1943
Publizist
- entwickelte 1915 mit DELBRÜCK ein Memorandum, eine Denkschrift, die sich gegen die alldeutschen Annexionsphantasien wendete und von 191 Persönlichkeiten der deutschen Geisteslebens unterzeichnet wurde, darunter Albert Einstein, Max PLANCK, Max WEBER, Gustaf von Schmoller, Ernst TROELTSCH oder auch Adolf von HARNACK:

  • keine ANNEXION im WESTEN, da die Einverleibung oder Angliederung politisch selbständiger und an Selbständigkeit gewöhnter Völker zu verwerfen sei;
  • Gebietserweiterung im Osten seien dagegen nicht zu verwerfen

- gehörte in der WEIMARER REPUBLIK als Mitbegründer der DDP und Chefredakteur des Berliner Tageblatts zu den einflußreichen Meinungsmachern

wolff.txt · Zuletzt geändert: 2022/07/18 17:09 von Robert-Christian Knorr