Inhaltsverzeichnis
MÜLLER
Adam Müller
1779-1829
Publizist und GELEHRTER
- ROMANTISCHE Staatslehre → absolute MONARCHIE
- verlangt von der Staatslehre, daß sie erlebt, nicht bloß erlernt und erkannt würde, also eine Präfigierung der Staatsidee über die egalitäre Idee der Individuation → es gelang ihm jedoch nicht, das Idealische und Realische in der POLITIK ebenso zu verschmelzen, wie es seinem Freunde H.v. KLEIST in der KUNST gelang
- seine Ansichten fußten auf BURKE und dessen Betrachtungen über die FRANZÖSISCHE REVOLUTION, den er über GENTZ kennenlernte → Auseinandersetzungen über den CHARAKTER von Nationalkulturen und –staaten
- drängte die eigenste NATUR zur idealen ANSCHAUUNG der WIRKLICHKEIT; in Gentz fand er sein Pendant, den Drang zur realen Anschauung der Wirklichkeit
- will ein lebendiges Ganzes, in dem sich das INDIVIDUUM aufgehoben fühlt → Trennung von der Selbständigkeit des Einzelnen zugunsten eines nationalen Gemeinschaftsgeistes, der das ICH ersetzt, allerdings kennt Müller - z.B. im GEGENSATZ zu FICHTE - keine ENTWICKLUNG und Steigerung des Staates durch VERNUNFT und sittliche KRAFT; nein, für Müller gibt es nur einen steten Gegensatz zwischen dem entarteten und dem natürlichen Staatsleben;
- ein hochbedeutender Denker und der genialste Verkünder einer politischen THEORIE, die derjenigen der Französischen Revolution entgegenzustellen wäre (Gentz)
- gehörte als Hauptvertreter einer profeudalistischen Wirtschafts- und Staatslehre, die ständisch organisierte feudale Zustände gegen die bürgerliche Entwicklung verteidigen wollte, zu den scharfen Gegnern Hardenbergs (Pätzold)
- verkörpert den Typus der politischen ROMANTIK in seltener Reinheit: der haltlose bürgerliche Intellektuelle, der sich den konservativen Mächten aus Opportunitätsgründen verschreibt (Carl Schmitt)
Lehre
- die Ungleichheit ist dafür da, daß sie vom Menschen aufgehoben bzw. gelöst werde
- die NATUR reicht dem Menschen unaufhörlich Ungleiches, damit er es ausgleiche, das Ungleiche miteinander zu einem Neuen und Zusammengehörenden verbinde
- Gegenstände stehen sich nicht einfach gegenüber und können als Gegensätze nur gedacht werden, wenn sie in der Einheit und in ihrer wechselseitigen Verschränkung selbst als Einheiten, als das ANDERE ihrer SELBST, gedacht werden können, also lebendig sind
- Gegensätze sind Teile eines umfassenden lebendigen Ganzen, d.i. PANTHEISMUS, darum sind sie substantiell vereinbar (!)
- EIGENTUM hat dann eine BEDEUTUNG, wenn es ein wechselseitiges Besitzen und Besessenwerden zwischen dem Menschen und seinen Sachen herbeiführt, wenn Interaktion vorherrscht: Jedes Eigentum wächst und entwickelt sich unter unseren Augen, wie ein lebendiger Mensch; es ist keineswegs unserer unbedingten und unbeschränkten Willkür unterworfen, es hat seine eigene Natur, seine Freiheit, sein Recht - welche wir respektieren müssen, wenn wir es gebrauchen wollen. Das Privat-Eigentum ist Teil des großen National-Kapitals, welches über die Zeiten, von Generation zu Generation, verantwortlich weitergegeben werden muß: die einzelne Person ist nur sein Nießbraucher.
Ehelehre
- der Mensch lebt in einer doppelten EHE:
- mit der PERSON
- mit der Sache
- die FAMILIE (das höhere Personenrecht) und der Besitzstand (höheres Sachenrecht) bilden die beiden einander durchdringenden Gesichtspunkte der Privatrechtswissenschaft
Problem: unsere bisherigen (römischen) Rechtstheorien sehen den Staat unter dem Gesichtspunkt des absoluten sachlichen, weltlichen Besitzes an
- es muß ABER eine auf die IDEE der Familie gebaute, aus Erfahrungen, Gesetzen und Sitten des Mittelalters geschöpfte THEORIE der PERSÖNLICHKEIT aller Gegenstände des Besitzes gegenübergestellt werden, damit die persönliche und die sachliche NATUR heraustrete, demnach das LEBEN und die Rechtsfähigkeit nicht bloß da gesucht werde, wo sich der Schein des Lebens und der Rechtsfähigkeit findet, sondern ebenso bei gestorbenen Menschen wie scheinbar toten Dingen, die im Kontext der Lebenden BEDEUTUNG besitzen und als lebendig und rechtsfähig anerkannt werden müssen
Fruchtbarkeitslehre
- betont gegen Smith die Fruchtbarkeit, die er als jede Leistung bestimmt, die einem Bedürfnis abhilft resp. dieses stillt, so daß auch Gelehrte, KÜNSTLER oder Philosophen als fruchtbar und nicht nur als nützlich eingestuft werden
Geld- und Kredittheorie
- im Mittelpunkt steht der Zusammenhang zwischen GELD und GEMEINSCHAFT: Geld besitzt einen sozialen CHARAKTER
- Geld ist das persönliche Band der Wechselwirkung zwischen den Menschen, eine vermittelnde und auseinandersetzende Tätigkeit
- die Quantitätstheorie wird abgelehnt, damit das ganze plutokratisch orientierte Erwerbsstreben des KAPITALISMUS
Kredit: steht im Mittelpunkt der Geldtheorie und wird dem KAPITAL übergeordnet
- die KRAFT, die das Kapital umsetzt und mobilisiert; das Sinnbild alles wirtschaftlichen Fortschritts, der Schrittmacher nationaler Entwicklung
Der Staat
- Denkfigur: der Staat ist eine IDEE, die sich in keine Definition einpressen läßt, sondern durch jede GENERATION neu geformt wird, weil die alte FORM nicht mehr paßt
- Begriffe sind steife, ein- für allemal abgefaßte Formen, die feilgeboten werden: vom Staat gibt es keinen BEGRIFF, denn er bewegt sich, er ist also ein GEDANKE, die IDEE der Sache, die EWIG für sich lebt, denn alles von ihr Erzeugte ist unabhängig von ihr, somit ist die Idee der GEIST der Freiheit, die sich in jedem neuen KÜNSTLER (Bürger) neu ausprägt
- begriffliche Fixierungen, wie sie Demokraten und Liberale wollen, lassen immer Teile der Totalität außen vor, doch der Staat muß die lebendige Einheit aller und kein begrenzter Zweckverband sein: er ist die Einheit des Denkens: ihr Grundfehler liegt in der Übertragung privatrechtlicher Grundsätze auf das Staatsrecht, da sie den Staat aus einem Vertrage ableiten, der bestenfalls als ein Als-ob abgeschlossen wurde
- man darf nicht nach dem Zweck des Staates fragen, denn jeder Staat ist ein zweck in sich selbst, eine ewige Entwicklung, die von Gegensätzen durchzogene Einheit des menschlichen Lebens: der Staat ist ein EWIG wachsender lebendiges Wesen, das durch das Gegen-, In- und Miteinander seiner Teile zu diesem lebendigen Ganzen wird
Grundsätze der Staatslehre
- der Staat kann nichts anderes sein als die Garantie der vollständigen Freiheit durch die vollständige Freiheit, der PERSÖNLICHKEIT durch die Persönlichkeit, des Lebens durch das Leben
- eine äußere MACHT, die präsumierte Zwangsgewalt, bindet nur statt zu verbinden und zwar nur solange, bis sie selbst durch eine höhere Zwangsgewalt bezwungen wird
Rechtslehre
- erwächst aus der Staatslehre
Prämisse: die rationale Rechtsauffassung (Sachenrecht Roms) bildet den Gegensatz zur universalistisch-romantischen Rechtsauffassung (persönliches, auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruhendes deutsches Recht)
- das rational-römische Recht basiert auf imperialen, erstarrten Zivilisationsvorstellungen, das durch die Französische Revolution neue Kraft erhielt (tote, egoistische Begriffssysteme kamen zur Herrschaft) und nun auf die deutschen Rechtsvorstellungen (ewige und das Recht als Idee begreifende Vorstellungen, die gemeinsam gefunden werden) drückt
Wertlehre
Prämisse: Was ist das momentane Äquivalent für eine ewige Valuta?
- WERT ist etwas Lebendiges, zur Entwicklung, zur VERGANGENHEIT und ZUKUNFT Stehendes, während der Geldausdruck eines Wertes meist nur gegenwartsbezogen und unzulänglich ist
- in jeder Volkswirtschaft gibt es Werte, die durch ihren Geldausdruck nicht erfaßt werden
Wirtschaftslehre
- die lasterhafte Tendenz der ARBEITSTEILUNG verwandelt den Menschen in ein willenloses Zubehör der Maschine, was zum Unwesen der großen kasernierenden Fabriken führen muß → statt dessen muß die Wirtschaft national organisiert werden, d.h. eine agrarisch-konservative Grundlage besitzen; AUTARKIE in einer basisdemokratischen KOMMUNE
Reden über die Beredsamkeit
- da die Deutschen lange in sich hineinlebten, reicht ihr DENKEN und Fühlen weiter als ihre SPRACHE
- die rhetorischen Dichter, die mit dem vorhandenen Sprachschatz schlechtweg in die Menge wirken und damit (meist) Ansehen und Reichtum erwerben, wechseln sich mit den poetischen Dichtern ab, die ins Innere blicken, um noch Unbenanntes zu gestalten und das flüssige GOLD der Gedankentiefe der SEELE prägen und als Vorreiter daher zu ihren Lebzeiten meist unbekannt und arm bleiben
E. von Müller
um 1913
Kapitän und deutscher Militärattache in LONDON
- nahm eine Offerte Churchills entgegen, die eine Baupause im FLOTTENBAUPROGRAMM vorsah
- da er ein Gegner der ENGLÄNDER war, fragte er von TIRPITZ, wie er diesen Vorschlag dem KAISER berichten solle → Tirpitz riet zu knapper Darstellung
- später machten die Briten und der deutsche Botschafter in London, von JAGOW, diese knappe Darstellung verantwortlich für die feindliche Haltung des Kaisers in bezug auf den Baustopp
F. Max Müller
um 1856
Mythologe und Linguist
- ging in seiner vergleichenden Mythenforschung davon aus, daß es unmöglich sei, zu einem wahren VERSTÄNDNIS des Mythus zu kommen, solange man ihn als isoliertes PHÄNOMEN betrachte → der Mythus muß in seinem linguistischen DASEIN erfaßt werden
Heiner Müller
um 1980
Dramatiker
Macbeth
- REAKTIONÄR im Inhalt, schlampig in der FORM (Batt)
Hermann Müller
1876-1931
POLITIKER
- einer der führenden Politiker der WEIMARER REPUBLIK: Parteivorsitzender der SPD, Außenminister, Kanzler
Johannes Müller
1752-1809
Historiker
- schrieb das erste schriftstellerisch durchgebildete Geschichtswerk in deutscher SPRACHE, 1780 Die Geschichten der Schweizer
- arbeitete nach 1786 als Hofrat und Bibliothekar beim Mainzer Churfürsten
Johannes Peter Müller
1801-58
Biologe
- entdeckte die spezifischen Sinnesenergien und damit einen experimentellen Beweis der kantischen Philosophie
Fundamentalsätze
- ein und derselbe Reiz bringt verschiedene Empfindungen hervor, wenn er auf verschiedene Sinnesnerven einwirkt → ein Auge wird auf elektrische Stöße, mechanische Schläge oder Ätherwellen immer mit einer Lichtempfindung reagieren, ein Ohr dagegen mit Schall;
- umgekehrt erzeugen Ätherwellen auf der Haut Wärmeempfindungen, im Auge aber Lichtempfindungen → grundsätzlich wirkt der Aufnahmeapparat (Rezeptor) als entscheidendes Qualitativ;
- Es soll nicht geleugnet werden, daß es draußen (außerhalb unseres Wahrnehmungsapparates) etwas gibt; was aber dieses Etwas sei, darüber fehlt uns jede Vermutung.
Karl Otto Müller
1797-1840
Altphilologe
- entwarf eine TYPOLOGIE, die vor allem auf den GEGENSATZ zwischen ionischem ATHEN und dorischem SPARTA abzielte → die jeweiligen Wesenseigenschaften der griechischen Stämme wurden z.B. auf geographische Einflüsse zurückgeführt;
- führt Germanistik in klassische Altertumskunde zurück: aus der VERWIRRUNG der GEGENWART in die höchste VERGANGENHEIT von ZEIT zu Zeit einzukehren ist ZIEL des Romantikers
- betrachtet MYTHUS als Ewiges, aber auch als Historiker, d.h., er sieht ihn mit dem Faßbaren einer bestimmten EPOCHE → Auseinanderrücken von empirischen Kenntnissen und mythischen Nachrichten, womit er in WIDERSPRUCH zu SCHELLING geriet, der eine scharfe Trennung von Mythus und äußrer GESCHICHTE forderte (BAEUMLER)
- trennt Mythos und SYMBOL
- beide Ausdrucksweisen dienen der Darstellung menschlicher Ideen über die GOTTHEIT
- das Symbol ist mit der Gottheit verbunden durch einen Gegenstand
- der Mythos ist die ERZÄHLUNG einer das göttliche WESEN offenbarenden TAT
Der MENSCH ist doch nur Brennpunkt, in welchem die höheren dämonischen Gewalten sich treffen und zur ERSCHEINUNG kommen. (GOETHE)
Maler Müller
1749 Kreuznach bis
- war ein sophistisches Geniewesen, welches die Fülle des Genies nicht selten in der Entfesselung der LEIDENSCHAFT und in der Liederlichkeit suchte (Hettner)
- LUST an alten deutschen Volksbüchern Baccidon und Milon → eine der genialsten deutschen Humoresken
- als ROMANCIER: Genoveva → Zusammentreffen mit TIECK
- als Dramatiker: FAUST → Zusammentreffen mit Goethe, aber im Gegensatz zu dem besteht sein DRAMA nur aus lose voneinander gereihte dramatische Szenen
- Romantiker der Stürmer, doch ohne katholische Neigungen